Teile der USA wurden von einer arktischen Kältewelle erfasst, die zu massenhaften Stromausfällen führte. Am schwersten betroffen war der Bundesstaat Texas im Süden des Landes.

Foto: AFP/ JUSTIN SULLIVAN

Nach Tagen ungewöhnlicher Kälte und starkem Schneefall ist im US-Bundesstaat Texas ein Ende der Winterwetterkrise in Sicht. Tausende Haushalte wurden am Wochenende wieder an die vorübergehend unterbrochene Strom- und Trinkwasserversorgung angeschlossen, die Temperaturen kletterten wieder ins Plus.

Doch jetzt droht vielen Texanern neuerlich Ungemach: Laut Medienberichten erhielten viele Kunden Rechnungen in der Höhe von mehreren Tausend Dollar für nur ein paar Tage Strom, während Texas von den eisigen Temperaturen erfasst war. Die örtliche Regulierungsbehörde sprach daher einen Zahlungsforderungs- und Mahnungsstopp für Energieversorger aus. Energieversorgungsunternehmen dürfen vorübergehend keine Rechnungen ausstellen oder Kunden wegen Nichtzahlung vom Stromnetz trennen, sagte der texanische Gouverneur Greg Abbott am Sonntag.

Zahlungsaufschub

Die lokalen Behörden würden die Zeit des Moratoriums dazu nutzen, einen Ausweg für betroffene Kunden zu finden, versprach der Gouverneur. "Texaner, die tagelang gefroren haben, sollten keine explodierenden Energiekosten zahlen müssen", sagte Abbott und kündigte an, das Thema Energiepreise an die Spitze der Prioritätenliste der Landesregierung zu setzen.

Abbott hatte bereits am Donnerstag angekündigt, dafür sorgen zu wollen, dass betroffene Bürgerinnen und Bürger bei der Katastrophenschutzbehörde Fema Unterstützung beantragen können. Etwa um Mittel für die Beseitigung von Schäden an ihren Häusern zu bekommen, die von privaten Versicherungen nicht aufgefangen werden. Auch US-Präsident Joe Biden stellte in Aussicht, entsprechende Hilfen freizugeben.

Die unsichtbare Hand

Der Energiestaat Texas – mit Abstand der größte Erdöl- und Gasförderer der USA – hat als nahezu einziger Bundesstaat ein eigenes, vom Rest des Landes abgekoppeltes Stromnetz. Doch der dortige Energiemarkt ist kaum reguliert. Verbraucher können zwischen zahlreichen konkurrierenden Stromversorgern wählen. Einige Anbieter verkaufen Strom zu Großhandelspreisen, die an die Nachfrage gekoppelt sind. Als die historisch untypische Kältewelle den US-Bundesstaat erfasste, stiegen Nachfrage und Preise explosionsartig an.

Infolgedessen sahen sich einige Texaner, die noch in der Lage waren, das Licht einzuschalten oder ihren Kühlschrank am Laufen zu halten, mit Rechnungen in der Höhe von bis zu 17.000 Dollar konfrontiert. Dies geht aus Fotos von Rechnungen hervor, die von verärgerten Verbrauchern in sozialen Medien veröffentlicht wurden.

Vier Millionen ohne Strom und Abgase in der Luft

Die Stromversorgung war aufgrund der arktischen Kälte zusammengebrochen, weil die Nachfrage wegen Heizens massiv anstieg und es zugleich Probleme bei der Energieproduktion gab, unter anderem wegen eingefrorener Pipelines. Auf dem Höhepunkt der Krise wurde mehr als vier Millionen Menschen der Strom abgedreht. Am Sonntag waren noch immer 30.000 Haushalte ohne Strom. Einschränkungen blieben am Montag auch bei der Wasserversorgung bestehen. Landesweit kamen durch die Kältewelle laut Medienberichten mindestens 40 Menschen ums Leben.

Nach Darstellung des in den vergangenen Tagen unter heftigen Druck geratenen Stromnetzbetreibers Ercot ist mit kontrollierten Unterbrechungen der Stromversorgung Schlimmeres verhindert worden. Das Netz sei knapp an einem folgenschweren Komplettzusammenbruch vorbeigeschrammt, hatte Ercot-Chef Bill Magness gesagt.

Die Stromengpässe führten aber auch dazu, dass Raffinerien in Texas massiv Gase verbrannten, um Schäden an ihren Ölverarbeitungsanlagen zu vermeiden. Die freigesetzten Abgase verdunkelten den Himmel im Osten von Texas, der Rauch war kilometerweit sichtbar. Die logistischen Probleme in der Ölversorgung trieben zudem den Ölpreis ein wenig in die Höhe.

US-Regierung warnt vor Klimawandel und stellt Hilfen in Aussicht

Die "extremen Wetterereignisse", die die USA in dieser Woche in der Mitte, im Süden und am Donnerstag auch im Osten des Landes erlebten, hätten wieder einmal gezeigt, "dass der Klimawandel real ist und jetzt stattfindet", sagte Bidens Heimatschutzberaterin Liz Sherwood-Randall am Donnerstag. "Wir wissen, dass wir nicht einfach nur auf extreme Wetterereignisse reagieren können; wir müssen mit ihnen rechnen und auf sie vorbereitet sein."

Das Winterwetter wirkte sich in allen US-Bundesstaaten auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie aus, wie bei einem Briefing der Corona-Arbeitsgruppe des Weißen Hauses deutlich wurde. Die Auslieferung von sechs Millionen Impfdosen habe sich dadurch verzögert, sagte der Corona-Berater Andy Slavitt am Freitag.

Trip in die Wärme

Indes handelte sich der prominente texanische Senator Ted Cruz mitten in der Krise in seinem Bundesstaat scharfe Kritik ein. Der Republikaner war am Mittwoch mit seiner Familie nach Cancun in Mexiko geflogen. Fotos des reisenden Senators wurden in den sozialen Medien mit empörten Kommentaren bedacht – ihm wurde vorgeworfen, die Menschen in seinem Heimatbundesstaat inmitten großer Not alleinzulassen, um sich selbst in der Sonne zu amüsieren. Dann verstrickte sich Cruz in Widersprüche. Nach seiner Rückreise nach Texas räumte er schließlich Fehler ein.

Anfang der Woche hatte Cruz in einem Radiointerview noch gewarnt: "Es könnte passieren, dass in dieser Woche bis zu 100 Menschen in Texas ums Leben kommen, also riskieren Sie es nicht, bringen Sie Ihre Familie in Sicherheit, und bleiben Sie einfach zu Hause, und drücken Sie Ihre Kinder." Dem Republikaner, der ein loyaler Verbündeter von Ex-Präsident Donald Trump ist, werden Ambitionen auf die Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im Jahr 2024 nachgesagt. (Flora Mory, 22.2.2021)