"Keine Kaution ohne Besichtigung", sagt die Polizei. "Nicht unter Druck setzen lassen, und keine Überweisungen ohne Verwendungszweck tätigen."

Wien – Kautionsbetrug gibt es leider schon seit vielen Jahren. Bisher lief die Sache meist so oder so ähnlich ab: Eine Wohnung wird inseriert, relativ günstig, damit sich rasch viele Interessenten melden. Der Vermieter behauptet, im Ausland zu sein und die Wohnung nicht herzeigen zu können, aber wenn man die Kaution (manchmal auch gleich eine erste Monatsmiete) überweise, bekomme man den Mietvertrag und den Schlüssel per Post.

Die Wohnung existiert dann meistens gar nicht. Wenn doch, wurde sie zum Zwecke des Betrugs von den Betrügern kurzzeitig angemietet und "hergezeigt".

Der Trick funktioniert immer wieder, weil sich Leute unter (Zeit-)Druck setzen lassen oder einfach zu gutgläubig sind. Dann passiert es, dass – wie im Vorjahr in Köln passiert – wildfremde Menschen an bewohnten Wohnungen anklopfen und behaupten, die neuen Mieter zu sein. Und erst dann realisieren, dass sie Betrügern aufgesessen sind und die Kaution futsch ist.

Dreiste neue Masche in Wien

Leider lassen sich Betrüger auch immer wieder etwas Neues einfallen. Die Wiener Polizei warnt nun vor einer ganz neuen Masche des Kautionsbetrugs. Sie läuft so ab: Täter suchen über Secondhand-Plattformen nach Verkaufsangeboten wie etwa Handys, Fernseher oder Laptops. Bei den Abgebern meldete sich dann stets eine weibliche Person namens Sara und verhandelte den Preis – entweder hinunter oder sogar hinauf (!), um auf die genaue Summe von 1.560 Euro zu kommen.

Anschließend werden vom Abgeber die Bankdaten übermittelt, für die Überweisung des Verkaufspreises. Zeitgleich bieten die Betrüger allerdings über diverse Immobilienplattformen Mietwohnungen an. Für die Immobilien wird eine Kaution in der Höhe von genau 1.560 Euro verlangt.

Und jetzt kommt's: Als Konto für die Überweisung werden die Bankdaten des ersten Abgebers ("Opfer 1") angegeben. "Zur schnelleren Abwicklung" des Immobiliengeschäftes drängen die Betrüger außerdem dazu, die Überweisung der vermeintlichen Kaution ohne Verwendungszweck durchzuführen.

Dreiecksgeschäft

"Der Zahlende ist hierbei das zweite Opfer", heißt es dazu von der Wiener Polizei. Denn nachdem die Zahlung erfolgte, "holt der Tatverdächtige oder ein Mittäter den Verkaufsgegenstand von Opfer 1 ab", schreibt die Polizei in einer Aussendung. "Als Resultat dieses 'Dreiecksspiels' erhält der Tatverdächtige einen hochpreisigen Gegenstand (Handy, Fernseher etc.), den er veräußern kann."

Der Verkäufer des Gegenstandes aber wird, ohne es zu wissen, "aufgrund der Überweisung in der exakten Kautionshöhe augenscheinlich zum Beitragstäter". Es wurde der Verkaufsgegenstand für den vereinbarten Preis übergeben, "doch wegen der Überweisung ohne Verwendungszweck scheint diese Person auf den ersten Blick in den Betrug involviert zu sein". Das zweite Opfer hat eine Kaution in der Höhe von 1.560 Euro für eine nicht vorhandene Immobilie überwiesen.

Keine Kaution ohne Besichtigung

In Wien sind bisher zwölf mit dieser neuen Masche vollendete und drei versuchte Betrugsdelikte angezeigt worden, die gesamte Schadenssumme beläuft sich laut Polizei auf 18.720 Euro. Die Wiener Polizei geht von einer höheren Dunkelziffer aus. Sie appelliert an die Bevölkerung, Mietobjekte stets zu besichtigen, bevor man eine Kaution bezahlt, und keine Überweisungen ohne Verwendungszweck zu tätigen.

Falls man den Eindruck hat, es mit Betrügern zu tun zu haben, sollte man sich das Aussehen der Person(en) für eine spätere Beschreibung genau einprägen und wenn möglich auch Autokennzeichen, Marke, Type sowie Farbe eines vermutlichen Täterfahrzeuges notieren. Und natürlich: Anzeige bei der nächsten Polizeiinspektion erstatten.

Wer ist das Opfer?

Die Frage, wer bei dieser neuen Masche letztendlich das Opfer ist, das einen finanziellen Schaden erleidet, kann man übrigens noch nicht so genau sagen. Der erste Abgeber bekommt ja Geld für seine Ware, allerdings eben nicht von den tatsächlichen Abnehmern, sondern von Leuten, die glauben, die Kaution für eine Wohnung zu bezahlen.

Aber können die Wohnungsinteressenten nicht auch einfach von sich aus die Überweisung zurückfordern? Auf Nachfrage des STANDARD heißt es dazu von der Polizei, dass man sämtliche Ermittlungsergebnisse zusammentrage und der Staatsanwaltschaft Wien berichte, "die anschließend das Ermittlungsverfahren führt. Das heißt, die Justiz wird entscheiden, ob derjenige, der die 'Kaution' bezahlt hat, sein Geld zurückbekommt, wenn erwiesen ist, dass hier tatsächlich keine Beitragstäterschaft vorhanden ist."

Man kommt da also auch als vermeintlich nichts Böses wollender oder auch nur ahnender Beteiligter unter Umständen ganz schön in die Bredouille. (mapu, 22.2.2021)