Männer, die mit Männern schlafen, dürfen derzeit zwölf Monate lang nicht Blut spenden.

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Wien – In Sachen Blutspenden seien die ersten Schritte in Richtung Gleichstellung von schwulen und bisexuellen Männern eingeleitet, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montag und verkündete drei Sofortmaßnahmen: Die sogenannte Rückstellfrist werde unter wissenschaftlicher Begleitung auf ein Drittel verkürzt, zudem soll es eine umfassende Gesundheitsfolgenabschätzung geben sowie eine Studie zu sexuell übertragbaren Krankheiten.

Da mittlerweile jede Blutkonserve auf ihre Qualität getestet wird, werde die Rückstellfrist für Männer, die Sex mit Männern haben, von zwölf auf vier Monate verkürzt, gab der Minister bekannt. Der Schritt erfolge unter wissenschaftlicher Anleitung der Blutkommission. So solle Akzeptanz für die Neuerung geschaffen und gleichzeitig festgestellt werden, ob Adaptionen, Begleit- oder Unterstützungsmaßnahmen notwendig sind, um eine vollständige Angleichung zu ermöglichen.

Individuelles Verhalten statt Diskriminierung

Eine nationale Studie zur Erhebung der epidemiologischen Lage betreffend sexuell übertragbare Erkrankungen, aufbauend auf bestehenden Kohortenstudien, soll weitere Erkenntnisse beisteuern. Als dritte Maßnahme werde eine umfassende Gesundheitsfolgenabschätzung veranlasst, "mit dem Bestreben, die Erhebung von Sexualrisikoverhalten zeitgemäß und nichtdiskriminierend zu gestalten".

Anstatt der bestehenden Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern solle bei der Auswahl von Blutspendern stärker auf das individuelle Risikoverhalten geachtet werden, erläuterte Anschober. "Deshalb zielen auch unsere Maßnahmen darauf ab, in Zukunft eine Risikoeinschätzung aufgrund von individuellem Verhalten zu treffen. Die Möglichkeiten, die uns zur Qualitätssicherung von Blutprodukten mittlerweile zur Verfügung stehen, sollen so genutzt werden, dass niemand mehr aufgrund von sexueller Identität oder Orientierung diskriminiert wird."

SPÖ und Neos enttäuscht

Von den Ankündigungen enttäuscht zeigten sich SPÖ und Neos. Anschober habe auf Herbst "oder noch später" vertröstet, meint Neos-LGBTIQ-Sprecher Yannick Shetty, der eine Verzögerungstaktik sieht. "Es gab ein eindeutiges Expertenhearing im zuständigen Ausschuss, es gibt eine parlamentarische Mehrheit für ein Ende des Verbots", kritisiert Shetty. Auch Mario Lindner, Vorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo, sieht mit Anschobers Ankündigungen keine grundlegende Änderung des "De-facto-Blutspendeverbots". Die "Miniverbesserungen" würden nichts am grundlegenden Problem ändern, denn die Diskriminierung von Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen bleibe trotz kürzerer Frist bestehen.

Ewa Ernst-Dziedzic, LGBTIQ-Sprecherin der Grünen, spricht hingegen von "ersten Schritten" und wünscht sich in einer Aussendung, dass rasch weitere folgen. Wissenschaftliche Studien sollen nun für eine klare Faktenlage sorgen, meint Ernst-Dziedzic. Das Ziel bleibe weiterhin die völlige Diskriminierungsfreiheit bei gleichzeitiger Sicherung der höchsten Blutqualität. (APA, brun, 22.2.2021)