Eine moderne Jurte im Norden der Mongolei. Die Gegend in Zentralasien dürfte beim kulturellen Austausch zwischen dem Osten und dem Westen Eurasiens eine zentrale Rolle gespielt haben.

Foto: Kairi Aun

Als der moderne Mensch vor rund 100.000 Jahren Afrika verließ, dürfte die treibende Kraft hinter seiner Wanderlust eine Kombination aus klimatischen Veränderungen in seinen ursprünglichen Heimatregionen und der Entwicklung neuer Waffentechnologien gewesen sein. Welche Wege Homo sapiens damals in Richtung nach Asien bis in den fernen Osten und letztlich nach Australien beschritt, lässt sich heute vor allem anhand genetischer Untersuchungen nachzeichnen: Neuen Erkenntnissen eines internationalen Forschungsteams mit österreichischer Beteiligung zufolge fand die Besiedelung entlang der Küste Südostasiens in Richtung China, Japan sowie den äußersten Osten Russlands statt.

Anhand alter DNA fand ein Forscherteam spätere Hinweise auf eine Verbreitung dieser Menschen über mehrere Routen im Landesinneren. Danach wurde sich die Bevölkerung in der Region genetisch immer ähnlicher, berichten die Forscher im Fachjournal "Nature".

Unklare Besiedlungsgeschichte

Aktuell lebt in etwa jeder fünfte Erdenbürger in Ostasien, das vor allem das heutige China, die Mongolei, die Koreanische Halbinsel, den Osten Russlands oder die Japanischen Inseln umfasst. Bis heute zeichnet sich die Region durch eine Unzahl gesprochener Sprachen und ihre lange Geschichte des Ackerbaus und der Viehzucht aus. Trotzdem sei über die Besiedlungsgeschichte der Großregion noch wenig bekannt, so die Genetiker, Archäologen und Sprachwissenschafter, die bei der Untersuchung zusammen gearbeitet haben.

"Die Genomgeschichte Ostasiens ist derzeit noch nicht so gut untersucht wie jene Europas. Unsere Studie ändert das nun: Wir haben eine große Menge uralter ostasiatischer Genome untersucht und die Ergebnisse mit entsprechenden archäologischen Daten und Sprachdaten abgeglichen", so einer Hauptautoren der Studie, Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien.

Modernes und uraltes Erbgut

Insgesamt konnte das weitverzweigte Forschungsteam um David Reich von der Harvard Medical School (USA) erhaltene DNA von 166 Menschen vergleichen, die in den vergangenen rund 8.000 Jahren lebten. Diese Informationen setzten sie dann mit dem Erbgut von aktuell in der Region lebenden Menschen in Bezug.

Demnach passen die Erbgut-Spuren recht gut zu einer Theorie, wonach Jäger-Sammler-Gesellschaften und erste sesshaftere Gruppen in derart weit entfernten Gebieten wie den Japanischen Inseln bis ins Hochland von Tibet, auf Menschen zurückzuführen sind, die einst eine frühe Wanderung entlang der Küste in die Großregion führte. Diese Gruppe dürfte sich jedoch sehr früh aufgespalten haben.

Zunehmende Vermischung

Als dann mit der Zeit komplexere Gesellschaften in dem Raum entstanden, gingen genetische Unterschiede verloren, heißt es. In der Jungsteinzeit und dann in der Bronze- und Eisenzeit vermischten sich demnach die Gruppen zunehmend. Diese Entwicklung sei auch heute noch nachvollziehbar, da sich die Menschen in der Region genetisch relativ ähnlich seien.

Eine zentrale Rolle im überregionalen Kontakt dürfte das Gebiet der heutigen Mongolei gespielt haben, wo es zum kulturellen Austausch zwischen dem Osten und dem Westen Eurasiens gekommen ist. So lasse sich etwa zeigen, dass Vertreter der aus den Steppengebieten Zentralasiens stammenden Jamnaja-Kultur in etwa in der Zeit um 3.000 vor unserer Zeitrechnung die Milchwirtschaft in den Osten brachten.

Wurzeln der indoeuropäischen Sprachfamilie

Der Einfluss dieser einst dort eingewanderten Gruppe verschwand dann aber wieder nahezu vollständig aus dem Gebiet der Mongolei und weiter östlich, wogegen er sich in Europa und deutlich weniger stark im Nordwesten Chinas weiter erhielt. Das deckt sich auch mit sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen, denn die Jamnaja-Kultur gilt als Begründer der indoeuropäischen Sprachfamilie, zu der fast alle heute in Europa gesprochenen Sprachen zählen. (red, APA, 23.2.2021)