Ein Arzt bereitet in Texas eine Spritze mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer vor, das nicht nur vor Covid-19-Erkrankungen schützt, sondern auch vor Übertragungen.

APA / AFP / Mark Felix

Wien – Es ist die große Gretchenfrage seit der Zulassung der ersten Impfstoffe gegen Corona: Wie gut können sie Übertragungen von Sars-CoV-2 verhindern? Die klinischen Studien waren nämlich ganz auf die Frage fokussiert, wie gut die Vakzine vor Erkrankungen mit Covid-19 schützen – und das tun sie in einem sehr hohen Ausmaß von bis zu 95 Prozent. Unklar blieb aber, ob geimpfte Menschen das Virus trotzdem in Form von unbemerkten asymptomatischen Infektionen weitertragen können.

Im schlechtesten Fall, so befürchteten manche, könnten Geimpfte dadurch zu Überträgern des Virus im großen Stil werden, da ihnen nicht auffallen würde, dass sie infiziert, aber eben nicht erkrankt sind.

Zweifel am Übertragungsschutz

Die Schätzungen der Experten waren ursprünglich eher pessimistisch: Da die Impfung in den Oberarm erfolgt, beginnt die Immunisierung dort. Und das könnte insofern ungünstig sein, da die Eintrittspforte des Virus der Hals- und Rachenraum ist, wo sich Erreger womöglich trotz Impfung doch noch ansiedeln und vermehren könnten. Selbst Biontech-Chef Uğur Şahin hielt deshalb eine Reduktion der Übertragungen um "nur" rund 60 Prozent für realistisch.

Doch nun wurden vorab Zahlen aus Israel bekannt, die noch sehr viel erfreulicher sind. Dort ist bereits rund ein Drittel der Bevölkerung mit zwei Dosen geimpft, und deshalb lässt sich dort erstmals anhand von großen Untersuchungszahlen in Echtzeit ermitteln, wie der Impfstoff wirkt und das Pandemiegeschehen beeinflusst.

Daten von 1,7 Millionen Geimpften

Allem Anschein nach flossen in die neue, noch nicht veröffentlichte Studie die Daten von rund 1,7 Millionen Geimpften ein. Dabei zeigte sich nach übereinstimmenden Pressemeldungen, dass der Impfstoff zu 89,4 Prozent effizient in der Verhinderung von Sars-CoV-2-Infektionen sein dürfte. Konkret handelte es sich dabei vor allem um (verhinderte) Infektionen mit der britischen Virusvariante B.1.1.7, die bereits während der Untersuchung mit 81 Prozent der Fälle dominierte.

Während in der Gruppe jener Personen, die bereits zwei Impfdosen erhalten haben, lediglich 1842 Sars-CoV-2-Infektionen auftraten (konkret: 11,5 Infektionen pro 100.000 Personentagen), waren es in der Kontrollgruppe der Ungeimpften 76.797 Infektionen, was einer etwa zehnmal so hohen Rate (von 114,4 Infektionen pro 100.000 Personentagen) entspricht.

Bestätigung durch britische Daten

Die Daten sind freilich erst vorläufig und wurden auch von Biontech/Pfizer (noch) nicht offiziell bestätigt. Die dazugehörige Studie zirkuliert vorläufig nämlich nur als 22-seitiger Aufsatz und muss erst auf einen der Preprint-Server hochgeladen werden, ehe in weiterer Folge an eine Publikation in einem Fachmagazin zu denken ist.

Rein methodisch ist es freilich nicht ganz einfach, die Senkung der Infektionsrate durch Impfungen zu messen, wie der Epidemiologe Marc Lipsich im Fachblatt "Nature" erklärt. Weil ein Rückgang in einer bestimmten Region kann natürlich auch anderen Maßnahmen wie Lockdowns oder von Verhaltensänderungen geschuldet sein.

Trümpfe im Kampf gegen Corona

Sollten die neuen Erkenntnisse aus Israel stimmen, würde uns das im weiteren Kampf gegen Sars-CoV-2 gleich mehrere, nicht zu unterschätzende Trümpfe in die Hand geben. Denn erstens wird die Pandemie dadurch leichter kontrollierbar, und es ist früher an die Aufhebung von Kontakteinschränkungen zu denken, da Geimpfte kaum mehr als Überträger infrage kommen.

Zweitens würde sich das Infektionsgeschehen insgesamt zurückdrängen lassen, was auch bedeutet, dass weniger Viren im Umlauf sind und weniger Mutationen entstehen. Und drittens rückt das Ziel der Herdenimmunität dadurch wieder etwas näher.

Unklar ist freilich, wie gut auch die anderen in Europa zugelassenen Impfstoffe – also jene von Moderna und Astra Zeneca / Uni Oxford – Ansteckungen verhindern. Doch auch dazu werden in den nächsten Tagen und Wochen Studienergebnisse erwartet. (tasch, 22.2.2021)