Fake-Männerkollektive: Nina Hoechtls "Macho intelectual".

Foto: Daniel Jarosch

Windige Glücksritter, Meskalinräusche, vierbrüstige Frauen und habsburgische Geltungssucht: Das klingt nach den Zutaten für eine Anarcho-Komödie, ist aber Teil einer TV-Geschichtsstunde, bei der nur das Setting fiktiv ist. In Nina Hoechtls Delirio Güero, zu Deutsch: "Weißer Wahn", parliert eine unheimlich maskierte Moderatorin mit einer Stimme aus der Zukunft; visuell ist das nicht wahnsinnig aufregend, man braucht also einen langen Atem, aber die Erzählung hat es durchaus in sich. Sie knüpft an das spätkoloniale Abenteuer des glücklosen Marionettenkaisers Maximilian von Mexiko (1832–1867) an. Der österreichische Erzherzog hielt sich bekanntlich nicht lange auf dem mexikanischen Thron und kam als Leiche nach Europa zurück.

Ausbeutung, Repressionen und Rassismus in Mexiko

Hoechtl, 1978 in Niederösterreich geboren, lebt seit Jahren in Mexiko-Stadt. In ihren künstlerischen Forschungsprojekten geht es häufig um Fragen von Macht, Identität und Rassismus. In der Familienchronik entdeckte sie die Geschichte eines Vorfahren, der Maximilian im 19. Jahrhundert in einem Freiwilligenkorps nach Mexiko gefolgt ist. Der just aus Innsbruck stammende Ururonkel namens Anton "Toni" Mayer ist aber nur einer von vielen Protagonisten in einer Erzählung über koloniale Praktiken, die bis heute nachwirken. Delirio Güero handelt von Ausbeutung, Repressionen und Rassismus im Mexiko von heute.

Dazwischen begegnet man selbsternannten Entdeckern, die in Mexiko Frauen mit vier Brüsten oder Elefanten gesichtet haben wollten, der Idee vom Museum als kolonialer Erziehungsanstalt – oder der Ananas, für Hoechtl "das Symbol des Kolonialismus schlechthin". Maximilian liebte es, entwarf eigene Designs, seine Version vom Habsburger-Ananasdamast ziert Schloss Miramare in Triest und jetzt den Kunstraum.

Karaoke-Aktivismus

Seit 2012 agiert Hoechtl zusammen mit Julia Wieger auch als "Sekretariat für Geister, Archivpolitiken und Lücken". Eine bemerkenswerte Unternehmung war das "Spuken im Archiv" der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ), die 1938 mit den Nazis kollaborierte. In Innsbruck ist eine Plakatinstallation zu sehen. In Mexiko ist Hoechtl auch Mitglied des queer-feministischen Kollektivs Invasorix, das unter anderem Karaoke-Aktivismus betreibt. Oder mittels Video historische Bilder von Kunstkollektiven parodiert. Moritz Nährs berühmtes Foto von den rein männlichen Mitgliedern der Wiener Secession von 1902 steht samt falschen Schnurrbärten als Gucklochfotowand bereit. (Ivona Jelčić, 23.2.2021)