Fotografiert beim Versuch, einem über lange Zeit unbenutzt gebliebenen Ball wieder Mut zuzusprechen: Sportminister Werner Kogler.

Foto: APA/Fohringer

Bildungsminister Faßmann blutet bestimmt das Herz. Sportminister Kogler malträtiert voll Ingrimm den Sandsack, der wie die Pummerin von der Decke seines Ministerbüros herabbaumelt. Es hilft nichts, darum herumzureden: Die Corona-Taktung unseres Schulbetriebes ermöglicht es unseren Dreikäsehochs leider nicht, nach hingebungsvoller Lektüre des "Liber Latinus" die späten Nachmittagsstunden mit der schönsten Nebensache der Welt zu verbringen.

Gemeint sind nicht etwa die Freuden der Selbstbefleckung. Auch um die feinzahnigen Wunder der Philatelie (Portomarken aus Sri Lanka sammeln!) soll es nicht gehen. Corona raubt einer Generation von Gassenkindern die Möglichkeit zum Erwerb dringend benötigter fußballerischer Fähigkeiten! Schulbuben, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben, wissen bekanntlich nichts Schöneres mit sich anzufangen, als dem runden Leder hinterherzujagen. Ich, ein dicklicher Babyboomer ohne besondere sportliche Förderung durch die Eltern, wurde bereits in der schüchternen Morgenröte der Ära Bruno Kreiskys zum Mittun ermuntert.

Verantwortung übernehmen

Die Nachmittage pflegten stets nach dem gleichen Muster zu verlaufen. Rasch wechselten sich zwei Mannschaftsführer mit der Auswahl ihrer Teams ab. Meine Kür bildete in dem Ausleseprozess jeweils das unumgängliche, endgültige Finale. Diejenige Equipe, die dann doch noch auf meine Mitwirkung Wert legte, bedachte mich mit der Torwartposition. Besonders ehrgeizige Stürmer nahmen daraufhin alle Kraft, die in ihren Füßen steckte, zusammen, um mich mitsamt dem Ball ins Tor zu befördern.

Mit dem Verklingen der Kreisky-Jahre wurde ich länger, sehniger, auch missmutiger. In stillen Stunden drosch ich einen alten Plastikball blindlings gegen Hauswände. Im Turnbetrieb nahm ich Maß: an Vorstoppern des SK Rapid, an anderen qualifizierten Knochenbrechern.

Die Mannschaft, in der ich mitzuwirken wünschte, konnte ich mir jetzt aussuchen. Ehe mich Turnprofessoren, vor Entrüstung bebend, auf die Tribüne schickten. Als Entschuldigung für meine patscherte Härte? Konnte ich jedenfalls keine Lähmung durch Pandemie ins Treffen führen. (Ronald Pohl, 24.2.2021)