Der WKStA könnte man die Wirtschaftsagenden entziehen, sie aber nicht vollkommen zerschlagen.

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Wien – Die ÖVP plant offenbar einen umfassenden Umbau der Justiz. Wie der "Kurier" berichtet, will die Kanzlerpartei im Zuge der angekündigten Schaffung eines Bundesstaatsanwalts auch die von ihr zuletzt heftig kritisierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) umbauen und aufspalten. Aus dem Kanzleramt hieß es dazu auf Anfrage der APA nur, dass es laufende Gespräche mit den Grünen gebe. Die Grünen reagierten ablehnend, von der Opposition kam heftige Kritik.

Laut "Kurier" sieht ein Entwurf für einen Ministerratsvortrag der ÖVP vor, dass der geplante Bundesstaatsanwalt über den vier Oberstaatsanwaltschaften stehen soll, die es bereits in den Sprengeln der Oberlandesgerichte (OLG) in Wien, Graz, Linz und Innsbruck gibt. Darunter soll es "spezialisierte Staatsanwaltschaften" geben, die an den OLG-Sprengeln eingerichtet und etwa für Cyberkriminalität, Korruption, Terrorismus und Wirtschaftsstrafrecht zuständig sein sollen. Damit würde die WKStA, die aus einem Hauptsitz in Wien mit drei Außenstellen besteht, zu den vier spezialisierten Staatsanwaltschaften wandern.

Laufende Gespräche

Da internationale Verträge eine Korruptionsstrafbehörde vorsehen, dürfte eine Zerschlagung der WKStA nicht möglich sein. Laut "Kurier" könnte man allerdings der WKStA die Wirtschaftsstrafsachen entziehen und auf die vier Spezialbehörden aufteilen. Die WKStA würde damit zu ihrem Ursprung zurückgeführt: 2009 wurde sie als Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) gegründet, erst 2011 kamen die Wirtschaftsagenden dazu.

Aus dem Kanzleramt hieß es dazu, es gebe noch keinen Ministerratsvortrag sondern laufende Gespräche mit dem Grünen Koalitionspartner. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, dass die Bestellung des unabhängigen Bundesstaatsanwaltes nur durch eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament erfolgen soll. Zudem soll es vor der Bestellung öffentliche Hearings geben. Damit einhergehend brauche es eine Reform des Strafverfahrens, mit der die Rolle des Richters im Ermittlungsverfahren gestärkt werde. Die Verfassungsministerin plädiert auch dafür, dass Verfahren beschleunigt geführt werden und die Verteidigungskosten im Falle einer Einstellung oder eines Freispruchs übernommen werden.

Die Grünen regierten mit Ablehnung auf die kolportierten ÖVP-Pläne zur WKStA. Das stehe "überhaupt nicht zur Diskussion", sagte eine Sprecherin von Vizekanzler Werner Kogler auf Anfrage der APA. Sie bestätigte allerdings, dass es Gespräche über die Installierung eines Bundesstaatsanwaltes gebe.

Opposition kritisiert

Scharfe Kritik an den kolportierten Plänen kam umgehend von der Opposition. "Die Antikorruptionsjäger sind dem engen Kurz-Vertrauten Gernot Blümel offenbar so dicht auf den Fersen, dass die ÖVP jetzt zum Äußersten greift und versucht, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu zerschlagen. Hier zeigt sich ein klares Bild: Wer der ÖVP gefährlich wird, wird zuerst diffamiert, dann mit dem türkisen Vorschlaghammer attackiert und schließlich mit Auflösung bedroht", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung. Er sprach von "immer brutaleren Attacken" der ÖVP auf die Justiz, die "brandgefährlich und demokratiegefährdend" seien, und forderte die ÖVP auf: "Hände weg von der unabhängigen Justiz."

Für die Neos ist mit den nun bekannt gewordenen ÖVP-Plänen klar, dass deren Schwenk zu einem unabhängigen Bundesstaatsanwalt maximal ein Ablenkungsmanöver gewesen sei. Vizeklubchef Nikolaus Scherak vermutete in einer Pressekonferenz, dass die Kanzlerpartei nicht nur die WKStA, sondern das gesamte Strafverfolgungssystem zerschlagen und nach ihrer Vorstellung neu bauen wolle.

Gegen Van der Bellen

"Ich würde bei all diesen Dingen sehr auf die Bremse steigen", riet FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl der ÖVP. "Das Letzte, was man tun darf, ist jetzt, irgendwelchen Begehrlichkeiten nachzugeben, die die ÖVP vorantreibt, um diese lästige Staatsanwaltschaft unter welchen Vorwänden auch immer zu domestizieren und aus dem Verkehr zu ziehen."

Neben der ÖVP schoss sich Kickl bei einer Pressekonferenz auch auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein, dessen angebliche Kalendereinträge die FPÖ Absprachen mit der Kanzlerpartei rund um die Veröffentlichung des Ibiza-Videos vermuten lassen. Das Staatsoberhaupt müsse mehr gewusst haben, mutmaßte auch er, befürwortete dessen Ladung in den Untersuchungsausschuss und meinte: "Es stinkt nicht nur beim Kurz, es stinkt auch in der Hofburg." (APA, 23.2.2021)