Für den diesjährigen Beitrag zu Frauen in der Physik bin ich auf der Suche nach einer österreichischen Physikerin auf Monika Ritsch-Marte gestoßen. Ritsch-Marte, Direktorin des Institutes für Biomedizinische Physik an der Medizinischen Universität Innsbruck, beschäftigt sich, unter anderem, mit optischen Pinzetten, wofür Arthur Ashkin den Nobelpreis für Physik 2018 bekommen hat.

Von der theoretischen Quantenphysik zur Angewandten Optik

Schon als Kind war sie von Licht fasziniert. Mit 18 Jahren, an einem Tag der offenen Tür an der Universität Innsbruck, entschied sich die wissenschaftsbegeisterte Monika Ritsch-Marte für ein Studium der Physik. Sie absolvierte 1984 ihr Physik-Studium in theoretischer Physik und bekam kurz darauf die Gelegenheit, in Neuseeland ein Doktoratsstudium in Quantum-Optik zu absolvieren. Während ihrer Doktorarbeit beschäftigte sich Ritsch-Marte mit der Erzeugung und Anwendungen von Laserlicht mit quantenmechanischen Eigenschaften. Erst 1998, als sie den Lehrstuhl für Medizinische Physik an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck antrat, wechselte sie von der theoretischen Quantenphysik zur Angewandten Optik mit dem Schwerpunkt Laseranwendungen in der Biomedizinischen Forschung.

Die optische Pinzette

Wenn wir im Sommer in der Sonne liegen, merken wir, dass es eine Menge Energie hat, und es uns schnell zu heiß wird. Licht kann aber auch dazu verwendet werden, um Objekte im Mikrometer- und Nanometerbereich zu manipulieren. Doch wie funktioniert das?

Sonnenlicht besteht aus Lichtstrahlen mehrerer Wellenlängen (Farben), die sich in unterschiedlichen Richtungen im Raum bewegen. In einem monochromatischen Laser hat das Licht nur eine einzige Wellenlänge und auch die Ausbreitungsrichtung ist begrenzt.

Um ein kleines Mikropartikel mit Licht einzufangen, muss es in dem Wellenlängenbereich des Lasers transparent sein. Das heißt, das Laserlicht muss durch das Teilchen durchgehen. Dabei ändert sich durch Brechung an der Grenzfläche zwischen Luft und Partikel die Geschwindigkeit und die Richtung des Lichtes und somit dessen Impuls. Den Impuls kann man umgangssprachlich als Schwung beschreiben, denn er verringert sich bei geringerer Geschwindigkeit und beschreibt, wie sich ein Körper fortbewegt. Durch diese Impulsänderung des Lichtes, und wegen Energieerhaltung und Impulserhaltung – Energie und Impuls können nicht verloren oder erschaffen, nur übertragen werden – verändert sich auch der Impuls des Partikels. Somit wirkt der abgelenkte Lichtstrahl eine Kraft auf das Teilchen aus.

Grundprinzip und Anwendung der optischen Pinzette.
Grafik: Navarro-Quezada

Schauen wir uns im Detail an was passiert. Im Bild ist ein kugelförmiges Mikropartikel dargestellt, auf das ein Laserstrahl einwirkt. Wir würden intuitiv erwarten, dass der Laserstrahl das Teilchen nach unten drückt, ähnlich, wie wenn wir einen Ball mit einem Wasserstrahl schubsen. Das passiert im Prinzip hier auch und das Licht treibt das Teilchen durch den Strahlungsdruck vor sich her. Doch so kann man nichts an einem Ort festhalten. Dazu braucht es eine noch andere Kraft, die durch die Änderung der Richtung des gebrochenen Lichts entsteht. Um die optische Pinzette zu erzeugen, wird der Laserstrahl noch zusätzlich mittels einer Linse fokussiert. Die Fokussierung ist auch ein Resultat der Brechung, was man im Sommer mit dem Sonnenlicht und einer Lupe draußen ausprobieren kann. Im Fokus der Linse, dort wo der Laserstrahl fast auf einen Punkt fokussiert wird und die größte Intensität hat, entsteht eine Falle für das Mikropartikel, siehe Bild ganz links. Wenn das Mikropartikel nicht im Strahl zentriert ist, werden sich unterschiedliche Impulsänderungen (im Bild als Delta p 1 und 2 dargestellt) auf gegenüberliegenden Seiten des Partikels ergeben, je nach Intensität des Laserstrahls. Das ist mit dem grünen und dem orangenen Pfeil dargestellt. Die gesamte Impulsänderung des Laserstrahls (magenta Pfeil) ist die Summe der beiden Einzeländerungen, was eine Impulsänderung nach links oben bewirkt. Aufgrund der Impulserhaltung erfährt der Partikel damit eine Impulsänderung nach rechts unten (blauer Pfeil). Es wird also zurück zum Strahlmittelpunkt – zur Stelle der höchsten Intensität – gezogen.

Mehrere Jahre nach der Entdeckung der optischen Pinzette 1985, konnten auch lebende Organismen wie Viren und Bakterien damit manipuliert werden. Wichtig dabei ist, dass die Intensität des Lasers niedrig genug ist, um diese nicht zu zerstören. Um Absorption zu vermeiden, wird infrarotes Licht (mit einer Wellenlänge über 800 Nanometern) benutzt. Durch das Andocken von Proteinen an Nanopartikeln, die mit einer optischen Pinzette festgehalten werden, kann man die Bewegung der Proteine verfolgen, so wie im Bild ganz rechts gezeigt wird.

Die Physikerin Monika Ritsch-Marte neben einem Laseraufbau.
Monika Ritsch-Marte

Weiterentwicklung der angewandten Optik

Im Rahmen des Projektes catchIT (Coherently Advanced Tissue and Cell Holographic Imaging and Trapping) des Europäischen Forschungsrats 2010-2015, hat Ritsch-Marte die Manipulation von Mikroorganismen durch eine Weiterentwicklung der optischen Pinzette möglich gemacht. Dabei verwendeten sie eine Spiegeltechnik und kreierte die optische Makro-Pinzette, um Objekte und lebende Organismen im sub-Millimeter Bereich fangen und bewegen zu können.

Ein zentrales Thema in ihrer Arbeitsgruppe sind die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Licht in der Medizin und Biomedizinischen Forschung. Dabei spielt nicht nur die Grundlagenforschung einen wichtigen Teil, sondern auch die konkreten medizinischen Anwendungen, wie zum Bespiel die Bekämpfung von Gehirntumoren durch Lichtbestrahlung.

Ihre Arbeit hat sich auch in der Weiterentwicklung von Mikroskopie-Methoden bewährt gemacht. So wird in ihrer Arbeitsgruppe an einer Methode geforscht, die nicht nur die Auflösung und Kontrasterhöhung von Licht-Mikroskopie verbessert, sondern auch das Umschalten zwischen unterschiedlichen Mikroskopie-Techniken erleichtert. Ihre Gruppe hat auch eine Variante der Coherent Anti-Stokes Raman Scattering (CARS) Mikroskopie entwickelt, bei der Schwingungsresonanzen unterschiedlicher Moleküle verwendet werden, um chemische Zusammensetzungen zu identifizieren. So wird, zum Beispiel, die Möglichkeit geschaffen, zwischen gesättigten und ungesättigten Fettsäuren in Zellen zu unterscheiden.

Aktive Frauenförderung

Ganze vier Jahre war Ritsch-Marte die einzige Physikprofessorin an einer Österreichischen Universität. Zuerst war sie, wie viele von uns, gegen die Frauenquote, doch sie erkannte bald, wie wichtig es sei, Frauen durch diese Möglichkeit zu fördern. Sie engagierte sich während ihrer Laufbahn sehr aktiv in der Frauenförderung:  Sie leitete gemeinsam mit der theoretischen Physikerin Claudia Ambrosch-Draxl (Professorin an der Humboldt Universität zu Berlin) die Arbeitsgruppe „Frauen in der Physik“ der Österreichischen Physikalischen Gesellschaft (ÖPG). Zu Lise Meitners 130. Geburtstag im Jahre 2008, initiierte sie in ihrer Zeit als Präsidentin der ÖPG, gemeinsam mit Barbara Sandow, die bekannten Lise-Meitner-Lectures, die jährlich gehalten werden und wo herausragende Physikerinnen ihre Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren können. Mildred Dresselhaus hat 2008 den ersten Vortrag im Rahmen der Lise-Meitner-Lectures gehalten.

In einem Artikel, den sie gemeinsam mit Claudia Ambrosch-Draxl 1996 veröffentlichte, beschrieben sie ihre Erfahrungen als Physikerinnen in einem Männer-dominerten Fach. Der Artikel benannt „Dear Sir…“, gibt einen sehr interessanten Einblick in die Gesellschaft vor 40 Jahren. Auf Anfrage meinte sie, es gäbe noch viel zu tun, aber mittlerweile seien Frauen zum Glück keine Exoten mehr in der Physik. (Andrea Navarro-Quezada, 8.3.2021)

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