Im April will man in Österreich darüber nachdenken, ob es Erleichterungen für geimpfte Personen geben soll.

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Die Debatte darüber, ob es künftig Erleichterungen für Personen geben soll, die schon gegen das Coronavirus geimpft wurden, ist in den vergangenen Tagen befeuert worden. Spätestens als Israel einen Impfpass einführte, der etwa Zutritt zu Hotels und Theatern ermöglicht, war die Diskussion auch hierzulande angekommen. Nun verschob Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Entscheidung über diese Frage in den April. Die Position von Expertinnen und Experten zu dem Thema ist höchst unterschiedlich.

Erst wenn breite Masse geimpft wird

Im Interview mit der Nachrichtenagentur APA meinte Anschober nun, dass es derartige Privilegien für Geimpfte bis zum April nicht geben werde. Derzeit müssen sich in Österreich bekanntlich auch jene gut 200.000 Personen, die bereits beide Schutzimpfungen erhalten haben, an dieselben Regeln halten wie der Rest der Bevölkerung. Man sei gerade dabei, so Anschober, einen "großen Arbeitsprozess" aufzusetzen, um "eine Strategie für das Leben mit dem Virus" zu schaffen – dazu zähle auch die Frage der Erleichterungen. Nach Ostern solle es Antworten auf derartige Fragen geben.

Derzeit sei das aber "kein Thema", da in Österreich – verglichen etwa mit Israel, wo schon rund die Hälfte der Menschen immunisiert wurden – noch recht wenige Personen einen Impfschutz haben. Das werde es erst dann zum Thema, wenn man in Österreich "in die ganze Breite der Impfumsetzung reinkomme". Anschober plädierte außerdem für eine europäische Lösung.

Zumindest für Altersheime wird es aber schon früher Lockerungen geben, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner geimpft sind. Bereits im März soll es "entsprechende Schritte geben", hieß es am Dienstag vom Gesundheitsminister. Das sei "fixiert", darauf habe man sich bereits mit den Bundesländern geeinigt.

Was Experten sagen

Ethisch wird die Frage nach Privilegien für Geimpfte recht unterschiedlich gesehen. So verwehrt sich etwa Christiane Druml, die Vorsitzende der Bioethikkommission, gegen den Begriff der "Privilegien", immerhin gehe es darum, den geimpften Grundrechte zurückzugeben, nicht darum, sie besserzustellen. Druml sprach sich zuletzt im Interview mit dem STANDARD dafür aus, für Geimpfte wieder mehr gesellschaftliche Bereiche zu öffnen. Außerdem sollen Geimpfte, Genesene und Getestete rechtlich gleichgestellt werden.

Anders sieht das der deutsche Ethikrat. Er sprach sich gegen Sonderregeln für Geimpfte aus, da noch nicht gänzlich geklärt sei, dass sie nicht nur nicht erkranken, sondern auch niemanden anstecken können. Er argumentiert außerdem, dass Personen, die noch keine Chance auf eine Impfung hatten, die Vorteile für Geimpfte als ungerecht empfinden könnten. Dass eine Corona-Impfung auch vor der Übertragung schützt, dafür erhärten sich langsam die Daten. So wurde diese Woche bekannt, dass der Impfstoff von Biontech, von dem Österreich immerhin schon eine halbe Million Dosen bezogen hat, auch zu fast 90 Prozent gegen die Ansteckung hilft.

Renommierte Verfassungsexperten argumentieren hingegen seit Monaten, dass es – sobald wissenschaftlich gesichert ist, dass die Übertragung durch eine Impfung verhindert wird – auch rechtliche Konsequenzen geben müsse. So meinte der Verfassungsjurist Heinz Mayer, wenn feststehe, dass man keine Gefahr für andere darstelle, müsse man von allen Beschränkungen befreit werden. Ähnlich argumentierte sein Kollege Peter Bußjäger: "Sobald klar ist, dass die Krankheit nicht mehr weitergegeben werden kann, ist es eindeutig, dass ich diese Leute keinen Beschränkungen mehr unterwerfen darf", sagte er vor einigen Wochen zum STANDARD.

Immer noch wenige in Österreich geimpft

Das Problem, das in der Debatte mitschwingt, ist jedoch die Knappheit des Impfstoffs. In Österreich wie auch in anderen EU-Länden schreitet die Durchimpfung immer noch recht langsam voran. Derzeit haben hierzulande nur vier Prozent der Bevölkerung den ersten Stich bekommen.

Davon hängt naturgemäß auch die Durchimpfungsrate ab. Anschober sagte im APA-Interview, dass er bis zum Sommer auf eine Durchimpfungsrate von mindestens 50 Prozent kommen wolle. Davon gehe er auch dann aus, wenn Astra Zeneca tatsächlich seine zugesagte Impfstoffmenge halbieren will, wie diese Woche bekannt wurde. (Gabriele Scherndl, 24.2.2021)