Wien – "Führen Sie bitte einen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und Corona! Führen Sie bitte keinen Kampf gegen die Justiz!" Angesichts der heftigen Attacken der Kanzlerpartei gegen die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat die SPÖ von Pamela Rendi-Wagner zur Wochenmitte gleich zwei schwergewichtige Themen auf die Tagesordnung der aktuellen Stunde des Nationalrats wuchten lassen. Schon nach wenigen Minuten wird klar: Vornehmlich rechnet die Opposition zwar mit der Beschäftigungspolitik von Türkis-Grün ab – doch zwischendurch setzt es immer wieder Seitenhiebe auf das Verhalten der ÖVP, seit ihr Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Beschuldigter geführt wird.

"Führen Sie bitte keinen Kampf gegen die Justiz!", forderte SPÖ-Chefin Rendi-Wagner von Kanzler Kurz (ÖVP).
Foto: APA / Roland Schlager

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch erinnert Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), auf der Regierungsbank, etwa daran, dass selbst der grüne Koalitionspartner seiner Partei "ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat" attestiert habe. Und in Anspielung auf eine halbe Million Arbeitslose und ebenso viele in Kurzarbeit tadelt er Kurz: "Können Sie nicht einmal das Handy wegtun?" Ständig spiele er darauf herum.

Prompt erhebt der Kanzler seinen Blick vom Telefon, zuvor versuchte er schon die Angriffe damit zu parieren, dass man "mittlerweile fast ein Jahr mit der größten Pandemie seit hundert Jahren zu kämpfen" habe. Diese "gewaltige Gesundheitskrise" habe die ganze Welt erschüttert. Dass Österreich davon "deutlich härter" getroffen wurde, liege daran, dass der Tourismus eingebrochen sei, dessen Anteil an der Wertschöpfung in Österreich doppelt so hoch sei wie im europäischen Schnitt.

Österreich habe aber in der Vergangenheit finanziell die Möglichkeit geschaffen, "stärker zu helfen als andere Staaten in Europa", insistiert Kurz, der auf die geleisteten Hilfen verweist. Unter anderem dankt er dem Koalitionspartner für die jüngst auf den Weg gebrachte Aussetzung der Richtwertmieten, den Sozialpartnern für die Zusammenarbeit bei der Kurzarbeit. Das österreichische Modell sei eines "der besten der Welt" und der Grund, "warum wir bei der Arbeitslosigkeit in Europa unter den besten zehn Ländern sind". Und er mahnt: Die Herausforderungen könnten nur "gemeinsam" gestemmt werden.

Blauer Zündstoff

Daraufhin redet sich die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch wieder einmal in Rage: Das Einzige, was er gemacht habe, sei, die Institutionen schlechtzureden – wie nun etwa die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Und jetzt sollten auch noch die abweichenden Meinungen von Verfassungsrichtern im Zuge von Urteilen veröffentlicht werden können. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker gibt zu bedenken, wie das Höchstgericht damit umgehen solle, wenn es gleichzeitig über die Corona-Verordnungen der Regierung befinden müsse. Einen Ordnungsruf bringt Belakowitsch schließlich ihr Befund ein, die ÖVP versuche, ein "austrofaschistisches System" zu etablieren, ein System der "Kontrolle" und "Vernaderung". Denn im Zuge der Pandemie samt dauernder Testerei werde die Gesellschaft auch noch in "die Guten und in die Bösen" gespalten.

Auffallend bei der gesamten Debatte: Die grünen Redner gehen allesamt mit keinem Wort auf die seit Tagen unter Beschuss geratene Justiz ein. Dafür offenbart ÖVP-Abgeordneter Christoph Zarits sein Demokratieverständnis, nachdem Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn eine Insolvenzwelle für die Betriebe prophezeit und ein modernes Insolvenzrecht einfordert hat: Mit den Neos sei es wie mit der Salatschüssel bei McDonald's – es gäbe sie zwar, aber es brauche sie keiner, sagt Zarits, denn sie würden keinerlei konstruktive Vorschläge zur Bewältigung der großen Krise liefern. (Nina Weißensteiner, 24.2.2021)