Bereits ausgereiste Mädchen vor einer WIZO-Schule in Palästina.

Foto: Michael Lang

Die Mädchen mussten weg – und zwar schnell. Wie dringend die Situation und wie unermüdlich der Kampf war, geht aus Briefen zwischen der Wizo, der Women’s International Zionist Organization, in Wien und jener in Palästina hervor. Datiert im November 1938. Man ersuchte um Ausreisezertifikate für die jüdischen Mädchen und Frauen in das britische Mandatsgebiet Palästina, Israel existierte noch nicht. Es war klar: Je weniger Österreich verlassen durften, desto weniger würden überleben.

In ihrem Bericht schreibt Sophie Löwenherz, damalige Präsidentin der Wizo Österreich, dass bis 1939 250 Mädchen so gerettet werden konnten. Danach musste die Ausreise illegal erfolgen, Zahlen gibt es keine. Fotografien bereits geflohener Frauen dokumentieren ihre erleichterten Gesichter – wobei sie oft allein in das fremde Land kamen.

Von Frauen für Frauen

Das Jüdische Museum Wien erzählt in der Schau Herzls Töchter – 100 Jahre WIZO. Wiener Frauen für Israel die Geschichte der Organisation, die Anfang der 1920er-Jahre von Frauen für Frauen gegründet wurde. Neben der Ermöglichung der Ausreise nach Palästina wurde die Flucht von Kindern aus dem Deutschen Reich organisiert und während der Schoah Mädchenschulen in Palästina aufgebaut. Die Wizo wurde Anlaufstelle, Vermittlerin und später karitative Wohltäterin.

Heute zählt sie zu den größten zionistischen Frauenvereinen und unterstützt Projekte unabhängig von Herkunft oder Konfession.

Feministischer Zionismus

Zeitgleich zur Einführung des Frauenwahlrechts in Österreich etablierten sie sich in Europa. Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen Gruppen mit überraschend vielen Frauen. Einzelne Biografien werden hervorgehoben, das Wirken der Wizo wird so exemplarisch erzählt.

Viele von ihnen kannten Theodor Herzl, den Publizisten und Gründervater des politischen Zionismus. Seiner Forderung, einen Staat für alle Juden zu gründen, fügten die Wizo-Frauen "und Jüdinnen" hinzu. Sie verlangten Gleichberechtigung, sagt die Kuratorin Julia Windegger, und bezeichnet deren Bestreben als "feministischen Zionismus".

Facetten der Vision?

Die von Itai Margula sensibel gestaltete Ausstellung macht die Arbeit jener Kämpferinnen – vor, während und nach dem Weltkrieg – fassbar. Und endet bei den heutigen Errungenschaften (viele Fotos!), es gibt sogar einen Spenden-Basar.

Da die Rekonstruktion des Grabtuchs von Herzl den prominenten Ausgangspunkt bildet, vermisst man allerdings eine Basiseinführung in den Zionismus. Als Reaktion auf den anwachsenden Antisemitismus entstanden, erhielt Herzls Vision zu Beginn kaum Zustimmung und wurde erst später populärer.

Zu erklären, wie facettenreich der Begriff ist, hätte den Rahmen der Schau vielleicht gesprengt, aber auch sinnvoll erweitert. (Katharina Rustler, 25.2.2021)