Seit Joe Biden das Präsidentenamt übernommen hat, lässt sich der Unterschied zwischen den USA und Europa beim Umgang mit der Corona-Pandemie einfach darstellen. Anders als noch unter Donald Trump wird die Gefahr für Bevölkerung und Wirtschaft nun auf beiden Seiten des Atlantiks sehr ernst genommen. Aber der neue starke Mann im Weißen Haus hat ein völlig anderes Verständnis davon, was man als höchstverantwortlicher Politiker zu tun hat.

Die Fahnen der Mitgliedsländer wehen vor dem Europaparlament in Strassburg.
Foto: imago/Winfried Rothermel

Biden ließ sich noch vor seiner Vereidigung auf dem Kapitol öffentlich impfen. Er zeigte seinen Bürgern nicht nur vor, was auch sie möglichst zahlreich und rasch tun sollten. Der US-Präsident machte zudem viele Milliarden Dollar frei, um die Produktion von Impfstoff anzukurbeln.

Und wie sind demgegenüber die 27 Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer zu beurteilen? Die "treffen" sich grad wieder einmal zu einem "EU-Gipfel". Seit dem Überschwappen der Pandemie auf Europa gab es das schon gut ein Dutzend Mal, oft mit Handicap – per Videokonferenz. Da sitzen also die mächtigsten Politiker stundenlang vor Bildschirmen, bringen nichts weiter, weil persönlicher Kontakt fehlt. Und alles nur, weil sie bisher nicht den Mut hatten, dafür zu sorgen, dass sie und ihre Stäbe gegen Covid-19 geimpft werden, aus Sorge, die Bürger würden das als Privileg verurteilen.

In Wahrheit ist dieses Argument lächerlich. Es ist Ausdruck von Mutlosigkeit und Entscheidungsschwäche in Europa. (Thomas Mayer, 25.2.2021)