Die Gewalt, die Kinder in der Familie erleben, reicht von Erniedrigungen und Beschimpfungen bis zu körperlichen Attacken.

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Linz – Seit 30 Jahren ist in Österreich Gewalt gegen Kinder und Jugendliche verboten. Dennoch ist die Zahl der jungen Menschen, die Gewalterfahrungen machen, im Steigen. Wohl auch, weil es für Kinder und Jugendlich nicht immer leicht ist, Grenzen und vor allem deren Überschreitung entsprechend zu erkennen. Vor diesem Hintergrund haben nun in Oberösterreich das Gewaltschutzzentrum und die Kinder- und Jugendanwaltschaft das virtuelle Gewaltpräventionsprojekt "Hinter der Fassade" für Jugendliche ab 14 Jahren gestartet.

Für 29 Prozent der Jugend "gesunde Watsche" kein Problem

Ein Blick auf die österreichweite Jugendstudie "Recht auf Schutz vor Gewalt" aus dem Vorjahr unterstreicht die Notwenigkeit, entsprechende Aufklärungsarbeit zu leisten. Alarmierend dabei ist, dass neun Prozent der Jugendlichen der Aussage "Eine gesunde Watsche hat noch keinem Kind geschadet" sehr und weitere 20 Prozent eher zustimmten. Auffallend ist auch, dass Burschen häusliche Gewalt viel eher tolerieren als Mädchen und Jugendliche aus niedrigen Bildungsschichten viel mehr als solche aus höher gebildeten Milieus. Immerhin 24 Prozent der Befragten gaben an, dass sie selbst schon einmal von ihren Eltern eine Ohrfeige bekommen hätten.

Heikle Wohnungsbesichtigung

"Hinter der Fassade" bietet anhand einer nachgebauten Familienwohnung die Möglichkeit, sich bewusst an jenen Ort zu begeben, wo statistisch viele Gewalttaten ausgeübt werden – um sich dort dann mit den verschiedenen Formen, Mustern und Ursachen von familiärer Gewalt zu befassen.

Die fiktiven Charaktere Luisa, Jonas und Anna erzählen auf der Homepage ihre persönlichen Erlebnisse und laden zu einem Rundgang durch ihre Wohnung ein, um so zu beobachten, was bei ihnen daheim los ist. Parallel dazu werden konkrete Wege aus der Gewalt aufgezeigt, Workshop-Materialien speziell für Schulen sowie Informationen über Hilfseinrichtungen angeboten.

Für offene Schulen

"Gewalt macht krank, und es ist eine Aufgabe der Gesellschaft, hier Prioritäten zu setzen", sagt Eva Schuh, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Oberösterreich. Vor allem habe natürlich die Corona-Pandemie die Situation "deutlich verschärft". Ein Grund, warum Christine Winkler-Kirchberger, Leiterin der Kinder- und Jugendanwaltschaft des Landes, sich klar für offene Schulen ausspricht: "Sie sind die wichtigsten Kinderschutzmaßnahmen überhaupt." (Markus Rohrhofer, 25.2.2021)