Durch geführte Meditationen oder Yoga kann sich die werdende Mutter auf die Geburt vorbereiten. Stephanie Johne arbeitet seit vier Jahren als Doula.

Foto: Hadas Strobl-Aloni

Meryem ist erst kürzlich von Istanbul nach Wien gezogen – schwanger und mitten im Lockdown. Familie oder Freunde hatte sie hier nicht, ihr Mann war von Tag eins des Länderwechsels an beruflich sehr eingespannt und nur wenig zu Hause. Die junge Frau hatte keine Ahnung, wie oder wo sie ihr Kind auf die Welt bringen sollte. "Ich wusste, dass es Hebammen gibt, aber ich habe jemanden gesucht, der mich vor allem mental unterstützt", sagt die 40-Jährige. Während ihrer Recherchen stieß sie auf Stephanie Johne, eine sogenannte Doula.

Dienerin der Frau

Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet "Dienerin". "Ich beschreibe mich aber lieber als eine Freundin auf Zeit", sagt Stephanie. "Als Doula ist es meine Aufgabe, alles zu tun, damit sich die Frau während der Schwangerschaft und der Geburt, aber auch im Wochenbett rundum umsorgt fühlt."

Doulas kommen dann zum Einsatz, wenn eine Hebamme nicht mehr ausreicht – sei es aus zeitlichen oder aus logistischen Gründen. Anders als Hebammen verfügen sie aber nicht über eine medizinische Ausbildung, weshalb sie Gebärende vor allem emotional unterstützen. "Ich ersetze sozusagen die Großmutter", sagt Stephanie. Schließlich gibt es heutzutage kaum noch Mehrgenerationenhäuser, Mama und Baby sind nach der Geburt häufig allein, nicht selten leben die nächsten Angehörigen sogar viele Kilometer weit entfernt.

Stephanie ist nicht nur ausgebildete Doula, sondern auch Ayurveda-Köchin und Yoga-Lehrerin. Manchmal kocht oder turnt sie mit den werdenden Müttern, oft hört sie den Frauen aber auch einfach nur zu oder saugt die Wohnung durch. "Egal was die Familie in dieser Phase braucht, ich bin immer für sie da."

Doula Stephanie Johne (rechts) zu Besuch bei Meryem (40) und ihrem viermonatigen Sohn. Es wird gemeinsam gekocht und getratscht.
Foto: Regine Hendrich

Meryems Baby ist mittlerweile vier Monate alt. Sie sitzt mit der Doula Stephanie im Wohnzimmer, sie unterhalten sich über schlaflose Nächte, über das neue Leben als Mutter, sie sprechen aber auch über intime Dinge wie Sex und Partnerschaft. "Stephanie ist für mich eine wichtige Bezugsperson geworden", sagt Meryem. Nach der Geburt ihres Sohns kam sie mehrmals pro Woche, brachte Einkäufe und kochte: "Ich hatte Stillprobleme und musste mich körperlich vom Kaiserschnitt erholen. Dank Stephanie konnte ich mich komplett auf das Baby konzentrieren."

Entspannung ist alles

Simone und Franz (beide 32) aus Wien konsultierten Stephanie schon sehr früh in der Schwangerschaft. "Gerade durch Corona war für mich klar, dass ich zusätzlich jemanden brauche", sagt Simone. Beim ersten Besuch der Doula sprachen sie über alle Möglichkeiten der Geburt. Sie wägten die Vor- und Nachteile einer Spitals- oder einer Hausgeburt ab, erstellten einen Geburtsplan. "Wenn ich an Geburt dachte, hatte ich sofort Bilder von schreienden Frauen, Schmerzen und Blut im Kopf", sagt Franz. Der Gedanke, dass eine Geburt auch sanft und schön sein kann, war ihm bis dato völlig fremd. Doch genau diese Aufklärung und das Nehmen von Ängsten gehört mit zu den Aufgaben einer Doula. Was die Männer dabei sehr schätzen: Die Doulas gehen oft aktiv mit Aufgaben auf die Männer zu, sie zeigen Massage- und Entspannungstechniken, wodurch die Väter ein wichtiger Part während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett werden.

"Angst und Anspannung sind die größten Gegner bei einer Geburt", sagt Stephanie. Eine typische Situation sei, wenn Frauen mit Wehen ins Krankenhaus fahren und dort angekommen vor lauter Aufregung plötzlich keine mehr haben. "Frauen, die wissen, wie sie sich entspannen, die mehr Vertrauen in ihren Körper haben, benötigen auch weniger Interventionen unter der Geburt." Bewusste Affirmationen, Klangschalen und gezielte Übungen mit der Doula können später während der Wehen abgerufen werden.

Hebammen kritisch

Derzeit ist es für Doulas aufgrund der strengen Covid-Maßnahmen in Spitälern nicht möglich, die Gebärenden zu begleiten. "Meist darf nur eine Begleitperson mit in den Kreißsaal – also der Vater", sagt Stephanie. Ausnahmen seien nur Hausgeburten, bei denen neben der Hebamme auch die Doula und der Partner dabei sein können.

Billig ist der Service einer Doula allerdings nicht. Das Basispaket von Stephanie beginnt bei 600 Euro. Ihr ist trotzdem wichtig, dass die finanzielle Situation einer Familie kein Hindernis sein sollte, um eine Doula zu kontaktieren: "Unser Verein, DiA – Doulas in Austria, findet immer jemanden, der auch ehrenamtlich unterstützt. Wir Doulas sollten kein Luxus sein, sondern zu einer positiven Geburtskultur beitragen."

Beate Kayer vom Österreichischen Hebammengremium sieht die Arbeit der Doulas in der Geburtshilfe hingegen kritisch: "Eine Hebamme ist ein gesetzlich reglementierter Gesundheitsberuf, dem ein Studium zugrunde liegt. Eine Doula ist kein Beruf, auch kein geschützter Begriff. Jeder kann sich Doula nennen." Dies führe nicht selten zu Irritation bei den Schwangeren, weil sie etwa den Unterschied zwischen einer Geburtsvorbereitung durch eine Doula und jener einer Hebamme nicht kennen.

"Für mich ist es selbstverständlich, dass ich niemals eine Hebamme ersetzen kann, und das wissen auch die Frauen, die ich begleite", sagt Stephanie. Wie überall gebe es sicherlich auch unter den Doulas schwarze Schafe aber gerade die DiA-Doulas hätten strenge Richtlinien, einen Doula-Ausweis, Aus- und Fortbildung und würden sich an einen strengen Ethikkodex halten.

Stephanie Johne findet es schade, dass die Arbeit einer Doula in Österreich noch immer so kritisch gesehen wird, während Doulas etwa in den USA oder in Asien weit verbreitet sind. Die große Nachfrage, vor allem jetzt in der Pandemie, zeige ihr jedenfalls, dass viele Schwangere den Beistand einer Doula sehr schätzen – dass sie eine Freundin auf Zeit brauchen. (Nadja Kupsa, 26.2.2021)