Während die EU sanktioniert, hält Russlands Präsident Wladimir Putin dem belarussischen Führer demonstrativ die Treue.

Foto: ALEXEI DRUZHININ / AFP

Die kritischen Journalisten Katerina Borisewich und Artyom Sorokin wurden vor kurzem verurteilt.

Foto: AFP / RAMIL NASIBULIN

Minsk – Die EU hat ihre Sanktionen wegen des Konflikts um die Präsidentschaftswahl in Belarus (Weißrussland) um ein Jahr verlängert. Die Strafmaßnahmen gegen Staatschef Alexander Lukaschenko und sein Umfeld würden bis Ende Februar 2022 weitergeführt, teilte der EU-Rat am Donnerstag mit. Betroffen sind derzeit neben Lukaschenko 87 Verantwortliche für mutmaßlichen Wahlbetrug und das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstranten. Gegen sie wurden Einreise- und Vermögenssperren verhängt.

Seit der Präsidentschaftswahl vom 9. August gibt es in Belarus Massenproteste gegen Lukaschenko. Die Opposition wirft dem seit 26 Jahren regierenden Staatschef Wahlbetrug vor. Die Sicherheitskräfte gehen regelmäßig gewaltsam gegen Demonstranten vor. Die EU erkennt die Wiederwahl Lukaschenkos nicht an.

Menschenrechtskommissarin alarmiert

Die EU hatte seit dem Sommer drei Sanktionspakete beschlossen. Im Dezember ging sie auch gegen Unternehmer vor, die Lukaschenko nahestehen. Auch sieben Unternehmen wurden damals mit Sanktionen belegt.

Auch UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat sich alarmiert gezeigt über die Repressionen gegen Demonstranten und Journalisten in Belarus. "Die systematische Unterdrückung der Protestierenden dauert an", sagte Bachelet am Donnerstag bei der Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen. Die "beispiellose" Krise der Menschenrechte in dem Land habe sich weiter verschärft. Davon betroffen seien zunehmend Journalisten und Menschenrechtsaktivisten.

In der vergangenen Woche waren zwei Journalistinnen wegen Berichten über die regierungskritischen Proteste zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bachelet beklagte außerdem großangelegte Razzien gegen Aktivisten, Journalisten und Organisationen wegen angeblicher Störung der öffentlichen Ordnung. Bis zum 9. Februar seien 246 Menschen in Belarus in mutmaßlich politisch motivierten Prozessen zu Haftstrafen verurteilt worden, sagte die UN-Kommissarin, die per Videoschalte an der Sitzung des Menschenrechtsrats teilnahm.

Zahlreiche Verstöße

Seit der Präsidentschaftswahl im August waren in Belarus zehntausende Oppositionsanhänger gegen den seit 1994 autoritär regierenden Lukaschenko auf die Straße gegangen. Die Opposition wirft ihm massiven Wahlbetrug vor. Die belarussischen Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Demonstranten vor. Tausende wurden festgenommen und Berichten zufolge teils schwer misshandelt. Oppositionspolitiker flohen ins Exil.

In Bachelets Bericht zur Lage in Belarus, der den Zeitraum Mai bis Dezember abdeckt, werden "zahlreiche und umfassende" Verstöße gegen die Menschenrechte aufgeführt. Neben "willkürlichen Massenfestnahmen" ist von Foltervorwürfen, Einschüchterung und Belästigung von Journalisten, Aktivisten und Oppositionellen die Rede.

"All diese Verstöße, die nicht geahndet wurden, haben eine Atmosphäre der Angst geschaffen", sagte Bachelet. Die tausenden Beschwerden in Belarus wegen des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte und mutmaßlicher Folter seien bis zum Ende des Berichtszeitraums ins Leere gelaufen. Es lägen keine Informationen über eingeleitete Verfahren gegen die Beschuldigten vor.

Angst vor geplanten Gesetzesänderungen

Die UN-Menschenrechtskommissarin äußerte auch ihre Sorge, dass geplante Gesetzesänderungen in Belarus die Strafen für Demonstranten noch verschärfen könnten. Sie rief die Regierung in Minsk dazu auf, die Menschenrechte zu achten. Die wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten festgenommenen Demonstranten müssten freigelassen werden. Bachelet verlangte außerdem gründliche und transparente Ermittlungen zu den mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in Belarus.

Der belarussische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Juri Ambrasewisch, nannte den Bericht "höchst subjektiv und vereinfachend". Sein russischer Kollege Gennadi Gatilow kritisierte die Untersuchung als "einseitig". Die meisten Diplomaten im Menschenrechtsrat teilten aber Bachelets Einschätzung. Der dänische Außenminister Jeppe Kofod sprach von "systematischer Unterdrückung und Verfolgung" friedlicher Demonstranten in Belarus. (APA, 25.2.2021)