Bernhard Görg, einst ÖVP-Politiker und Wiener Planungsstadtrat, schreibt heute Krimis und Theaterstücke und lebt mit Gattin in einem Fertighaus. Bedingung fürs Wohngespräch: Das Arbeitszimmer ist tabu.

"Dass ich so wohne, wie ich wohne, habe ich einzig und allein meiner Frau Eva zu verdanken. Sie ist diejenige, die sich bei Möbeln und Kunstgattungen auskennt, die zum Holz die passenden Textilien aussucht, die mit viel Geschmack und einer wirklich beeindruckenden Detailliebe unser Haus einrichtet und gestaltet.

Bernhard Görg in seinem Fertigteilhaus mit "sehr zivilisiertem" Marder im Dachgeschoß.
Foto: Lisi Specht

Wir haben es zur Bedingung für dieses heutige Treffen gemacht, dass wir uns hier im Wohnzimmer zusammensetzen. Mein Arbeitszimmer ist tabu, denn dort schaut die Welt so aus, wie ich sie gestalte, angeräumt und so chaotisch, dass es manchmal sogar mir zu viel wird, und glauben Sie mir, das ist weder für ästhetisch sensible Augen noch für die Öffentlichkeit bestimmt. Meine Frau hasst es, dieses Zimmer zu betreten.

Jetzt, nachdem der Cliffhanger geschafft ist, kann ich mich dem Wohnen im Detail widmen. Unser Haus steht in einigen Be reichen, wie man unschwer sieht, im Zeichen des Biedermeiers. Eva liebt das Biedermeier, und ich liebe sie, und daher fühle ich mich hier wohl. Wir haben Sitzbänke, Fauteuils, Kommoden, die zum Teil sogar in die josephinische Zeit zurückgehen, und einige Biedermeier-Bilder an der Wand, wovon uns die größten und wirklich nicht allerschönsten vor einigen Jahren von Einbrechern gestohlen wurden. Manche Probleme löst das Schicksal eben ganz von allein. Die essenziellen Sachen hingegen, die mit hohem emotionalen Wert für uns, haben sie zum Glück dagelassen.

Bernhard Görgs Frau Eva "liebt das Biedermeier, und ich liebe sie, und daher fühle ich mich hier wohl", sagt der Ex-Politiker und Schriftsteller.
Fotos: Lisi Specht

Ein Opfer unserer Ordnung und Aufgeräumtheit, wenn man so will, ist die Verstauung der Bücher. Um mehr Platz zu schaffen, haben wir die Einbauregale so tief gemacht, dass die Bücher darin doppelreihig untergebracht sind. Und das ist eigentlich ein Wahnsinn, denn unsere Bibliothek folgt bis heute keinem erkennbaren System.

Ich bin in der Tat ein viel weniger systematischer Mensch, als die Leute glauben. Niemand würde vermuten, dass ich tief drinnen ein Bauchmensch bin. Das liegt vielleicht daran, dass ich es mir seit meiner Jugend schon angewöhnt habe, jede Bauchentscheidung zerebral darzustellen, als wäre sie Resultat einer rationalen Abwägung.

Auch meine Krimis und Theaterstücke, die mich heute ausfüllen, sind sehr bauchmäßig strukturiert. Meist habe ich, wenn ich anfange zu schreiben, eine einzige Szene im Kopf. Der Rest der Handlung wird dann davor und danach bauchmäßig vorangestellt und hinten angefügt. So hatte ich mir bei meinem allerersten Krimi vor sechs Jahren eingebildet, dass mein Lieblingsberuf – und zwar Lateinlehrer – und mein Lieblingsauto – und zwar ein Jaguar E-Roadster – darin eine zentrale Rolle spielen müssen.

"Unsere Bibliothek folgt bis heute keinem erkennbaren System", sagt Bernhard Goerg.
Fotos: Lisi Specht

Eine zentrale Rolle in unserem Wohnen spielt der Marder im Dachgeschoß. Seine Vorgänger waren oft wilde Hunde, die Tag und Nacht Radau gemacht haben, aktuell jedoch haben wir einen Mitbewohner, der sich zum Glück recht zivilisiert verhält.

Wir selbst wohnen hier noch länger als die Marder. Eingezogen sind wir in den 1990er-Jahren, ein Fertigteilhaus am Heuberg, hoch oben, fast schon im Wienerwald. Wäre ich damals schon Planungsstadtrat gewesen, hätte ich mich nie getraut, zu einem Fertighaus zu greifen. Aber damals war ich noch in anderen Positionen tätig, und das Wichtigste war mir, mich auf der Baustelle keine einzige Sekunde lang mit irgendwelchen Professionisten herumschlagen zu müssen. Die Bauqualität ist schon sehr okay, ganz ehrlich. Aber ja, ich gebe zu, ein Bekenntnis zu Architektur und Baukultur sieht anders aus. Darüber dürfen sich die Kommentatoren im STANDARD weiterunterhalten.

Manche Sitzbänke, Fauteuils und Kommoden stammen noch aus der josephinischen Zeit.
Fotos: Lisi Specht

Was ich mir für die Zukunft wünsche, nachdem ich meine Midlife-Crisis, durch die ich in die Politik gegangen bin, längst hinter mir habe: Ich will gesund bleiben und die kommenden Jahre mit meiner sehr großen Familie genießen. Und ich will einmal das Drehbuch für einen James-Bond-Film schreiben." (1.3.2021)