Vergangene Woche ging es hier noch um die Versäumnisse beim Thema Building Information Modeling (BIM) – die fehlenden öffentlichen Aufträge, die mangelnde Kompetenzverteilung, die nicht vorhandenen Standards. Zumindest Letzteres will ein Zusammenschluss österreichischer Institutionen nun angehen. Das Austrian Institute of Technology (AIT), Austrian Standards und "Digital Findet Stadt" haben es sich gemeinsam zur Aufgabe gemacht, BIM in Österreich weiter voranzutreiben – und das mithilfe einer BIM-Bibliothek.

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Wie in einer gutsortierten Bibliothek sollen Planer mit BIM arbeiten können.
Foto: Getty Images

"Man muss sich das so vorstellen", erklärt Steffen Robbi, Geschäftsführer von "Digital Findet Stadt": "Wir haben einen Raum voller Bücher, die in dem Fall die Properties sind." Mit Properties sind bestimmte Parameter gemeint, die bei der Planung in BIM pro Raum festgelegt werden müssen: Deckenhöhe, voraussichtliche Heizkosten, Wandfarbe und viele mehr. "Wir machen uns daran, aus den Büchern eine Bibliothek zu fertigen, mit der jeder kostenlos arbeiten kann."

Eine "gemeinsame Sprache" nennt der Zusammenschluss das – und diese soll nicht nur dabei helfen, die interdisziplinäre Arbeit, beispielsweise zwischen Planer und Elektrotechniker, zu verbessern, sondern insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen an die digitale Planung heranzuführen. "Aber es geht nicht nur um die Kleinen, auch die Großen, jeder braucht diese Standards", sagt Robbi.

Geschäftsführer von "Digital Findet Stadt", Steffen Robbi.
Foto: Digital Findet Stadt

Die Idee einer BIM-Bibliothek ist nicht neu. Seit 2015 gibt es den ASI-Merkmalserver, der zusammen mit der Uni Innsbruck entwickelt wurde und bis heute aktualisiert wird, auch andere Branchenvertreter öffneten eigene Server ("freeBIM"). Nun sollen die Anstrengungen auf ein zentrales Projekt fokussiert werden, "unter neutraler Schirmherrschaft, generisch hinterlegt, unparteiisch und kostenlos", ergänzt Stefan Wagmeister, Deputy Director Standards Development bei Austrian Standards.

Eine Scheibchenlösung

Stefan Wagmeister, Deputy Director Standards Development bei Austrian Standards.
Foto: Austrian Standards, Thomas M. Laimgruber

Um die Bibliothek auf viele Interessen abzustimmen, soll die Industrie in die Entwicklung eingebunden werden. Unternehmen dürfen Vorschläge machen, das AIT kümmert sich um die inhaltliche Aufbereitung, und ein unabhängiges Expertengremium entscheidet darüber, welche Vorlagen bei der Austrian Standards landen.

Damit einher geht auch die Finanzierung des Projekts. Für die finanzielle Beteiligung in Schritten von 10.000 Euro erhalten Unternehmen ein Vorschlagsrecht betreffend die inhaltlichen Entwicklungsschritte. "Man kann sich damit aber keinesfalls einen Freibrief erkaufen", versichert Robbi und verweist auf die unabhängigen Entscheidungsträger.

Dieses Geld erwarten sich die Betreiber von den Big Playern wie der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), aber auch Zusammenschlüsse kleiner und mittelständischer Unternehmen wie Smart Construction Austria sind mit an Bord: "Ich freue mich über den gelungenen Schulterschluss zwischen Ziviltechnikerinnen, Architekten und ausführenden Unternehmen in einem für die Branche so wichtigen Projekt", sagt Renate Scheidenberger aus der Geschäftsführung.

Vertreter der Branche, wie beispielsweise Wolfgang Kradischnig von der Delta Gruppe, bemängeln seit langem, dass es an Standards fehle, vor allem was die vorgegebene Anzahl der Properties angehe. Auch dieses Problem soll laut Gerhard Zucker, thematischer Koordinator im AIT, angegangen werden: "Der Bauherr kann dank der Bibliothek in Zukunft genau sagen, was er haben möchte, und die Planer müssen sich nicht mehr mühsam alles zusammensuchen."

Gerhard Zucker, thematischer Koordinator im AIT.
Foto: AIT, Harald Krischanz

Von einem "Prestigeprojekt" spricht der Zusammenschluss. "Und vor allem kein Selbstzweck, es geht hier um Ressourcenschonung, und die ist nur mit BIM zu erreichen", sagt Robbi und hofft, mit dem Thema auch vonseiten der Politik mehr Unterstützung zu bekommen.

Der erste (bereits finanzierte) Teilschritt beginnt im März mit der Aufbereitung der Grundlagen. Nutzbar sollen diese im ersten Quartal 2022 sein, danach geht es scheibchenweise weiter. (Thorben Pollerhof, 27.02.2021)