Sophia ist bei Hanson Robotics serienreif. Ihre Kundenakzeptanz hängt aber laut einer Studie gar nicht an ihren vielen "weiblichen" Merkmalen.

Foto: Hansons Robotics Limited

Die Corona-Krise ist ein Katalysator für die Automatisierung. Roboter, das ist ihr größter Vorteil gegenüber dem Menschen, sind nicht ansteckend und werden nicht krank. Man kann sie wie Soldaten an die Front schicken. Doch Roboter sind in der Corona-Pandemie nicht nur Wellenbrecher, die Kontakte reduzieren, sondern auch eine Art Seelenklempner, was man daran ablesen kann, dass die Nachfrage nach humanoiden Robotern (darunter auch Sexrobotern) weltweit ansteigt.

Das Hongkonger Unternehmen Hanson Robotics hat kürzlich angekündigt, seinen sozialen Roboter Sophia in Masse produzieren zu wollen. Bis zum Ende des Jahres sollen tausende Exemplare gefertigt werden, darunter kleine und große Versionen. Der KI-gestützte Roboter, dem in Saudi-Arabien die Staatsbürgerschaft verliehen wurde, verfügt über ein integriertes Sprach- und Kamerasystem, mit dem er Gesten und Gesichtsausdrücke imitieren und einfache Konversationen führen kann. In welchen Berufsfeldern der soziale Roboter zum Einsatz kommen soll, ist noch unklar. Vorstellbar wären Professionen im Dienstleistungs- und Pflegebereich.

So wie wir?

Die Roboterisierung der Arbeitswelt wirft maschinenethische Fragen auf: Sollen Roboter menschliche Züge haben? Und wenn ja, wie sollen die aussehen? Das Robotermodell Pepper des japanischen Telekommunikationskonzerns Softbank, das unter anderem in Restaurants und Supermärkten zum Einsatz kommt, ist geschlechtsneutral – es sieht aus wie eine Puppe und spricht mit einer kindlich anmutenden Stimme. Sophia dagegen hat weibliche Züge – ihr Gesicht wurde nach der ägyptischen Königin Nofretete und der Schauspielerin Audrey Hepburn modelliert. Wenn der soziale Roboter jetzt als "Empfangsdame" oder Rezeptionistin eingesetzt wird, stellt sich die Frage, ob damit bestimmte genderspezifische Stereotype zementiert werden. Der Mensch neigt ja dazu, Objekte zu anthropomorphisieren. Wenn jetzt in Hotels und Pflegeheimen zunehmend Fembots arbeiten, verfestigt sich möglicherweise dieses Zerrbild "frauentypischer" Berufe.

"Wie können wir junge Mädchen dazu ermutigen, danach zu streben, Ärztin, Politikerin oder Astronautin zu werden, wenn sie in einer Umgebung von weiblich aussehenden Servicerobotern aufwachsen (...)?", fragte die Kommunikationsberaterin Katrin Zimmermann in einem Beitrag für das Techblog "Venture Beat". Die Mediensoziologin Jutta Weber kritisierte bereits 2005 in einem Aufsatz das stereotype Design sozialer Roboter, die häufig als weiblich oder kindlich entwickelt würden – unter anderem, weil das ihre Akzeptanz erhöhe. Wie Roboter designt und programmiert werden, sagt auch viel über die Gesellschaft aus.

Weibliche Stimmen

Maschinenethiker beschäftigen sich aber nicht nur mit der Frage des Aussehens, sondern auch mit der Stimme von Robotern. Wie soll eine Computerstimme klingen? Künstlich? Menschlich? Weiblich oder männlich? Alt oder jung? Servil oder dominant? Akzentfrei oder mit Dialekt? So etwas lässt sich mit moderner Technik ganz einfach programmieren.

Tech-Konzerne haben sich dazu entschieden, ihre digitalen Assistenten weiblich zu gendern, was immer wieder für Kritik sorgt. Die Unesco etwa bemängelt in einem Bericht ("I’d Blush If I Could"), dass Sprachassistenten wie Siri und Alexa Gender-Stereotype reproduzierten. Sie seien "unterwürfig, gehorsam und stets höflich". Vor dem Hintergrund, dass Kinder mit der Spracherkennungstechnologie aufwachsen und Sprache ein Geschlechtsmarker ist, bestehe die Gefahr, dass bestimmte Vorstellungen von Frauen als dienenden Maschinen transportiert würden. Studien belegen, dass Menschen weibliche Stimmen als wärmer und freundlicher empfinden. Deshalb werden auch die Lautsprecherdurchsagen in Zügen und Bahnhöfen meist von Frauen eingesprochen.

Viel spricht für geschlechtslos

Eine Studie des Georgia Institute of Technology kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass das Geschlecht bei der Bewertung eines Roboters kaum eine Rolle spielt. Den meisten ist es egal, ob sie von einem weiblich oder männlich designten Roboter bedient werden. Nur beim Lieferroboter gab es eine leichte Präferenz zugunsten der männlichen Version.

Die Kompetenzeinschätzung verläuft nicht entlang von Geschlechtern, sondern von Berufen. So hielten die Befragten Roboter als Nannys, Krankenschwestern oder Feuerwehrleute für weniger geeignet. Interessanterweise schrieben die Versuchsteilnehmer Robotern auch dann ein männliches Geschlecht zu, wenn dieser mit einer neutralen Stimme sprach. Die Forscher raten daher davon ab, Merkmale von Robotern wie Stimme oder Aussehen zu gendern, um Stereotype nicht noch zu verstärken. Wenn man künftig in Hotels oder Messehallen von Humanoiden begrüßt wird, wird wohl bald auch das überkommene Bild der "Empfangsdame" aus den Köpfen verschwinden. (Adrian Lobe, 28.2.2021)