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Ein Archivbild der Kirche Kirche St. Maria von Zion in der historischen Stadt Aksum, wo sich Ende November ein Massaker ereignet hat.

Foto: AP

Die Stadt Aksum gilt als Wiege des äthiopischen Christentums und als eine der historisch bedeutendsten Stätten Afrikas. Lange war Aksum die Hauptstadt des gleichnamigen Königreiches, eines Zentrums des Handels und der Gelehrsamkeit in Ostafrika. Gleich mehrere bedeutende Sakralbauten befinden sich dort, unter anderem die Kirche St. Maria von Zion, wo nach äthiopischer Überlieferung die Bundeslade aufbewahrt wird.

Auch in den letzten Novembertagen 2020 war die Kirche in rastlosem Betrieb, wie aus Satellitenbildern sowie aus Zeugenaussagen hervorgeht. Allerdings aus ganz und gar nicht erbaulichen Gründen, sondern für eine Serie von Begräbnissen, für die Massengräber ausgehoben wurden.

Offiziell nicht dabei

In den Tagen zuvor hatten Truppen aus Eritrea beim Versuch, die Stadt einzunehmen, ein Massaker verübt, wie die NGO Amnesty International in einem Bericht am Freitag feststellte. Sie seien durch die Straße gezogen und hätten mehrere Hundert Zivilistinnen und Zivilisten getötet – offenbar wahllos. Auch kam es zu Plünderungen. Laut Amnesty sind womöglich die Kriterien eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit erfüllt.

Offiziell sind die Truppen aus Eritrea in den Krieg gar nicht involviert. Denn nach eigenen Angaben kämpft die äthiopische Zentralregierung nur darum, die Kontrolle über die Region Tigray von der Partei TPLF zurückzugewinnen. Daran, dass Eritrea dennoch an den Kämpfen teilnimmt, gab es aber schon bisher keinerlei Zweifel. Die Soldaten sind durch Uniformen, Autonummerntafeln und ihren Dialekt für Zeuginnen und Zeugen erkennbar.

Innige Feindschaften

Die Truppen kämpfen auf der Seite der äthiopischen Armee gegen die TPLF, mit der sie eine innige Feindschaft aus der Zeit des äthiopisch-eritreischen Krieges (1998–2000) verbindet. Damals kontrollierte die TPLF die Regierung in Addis Abeba. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Äthiopiens Premier Abiy Ahmed, der 2018 ins Amt kam und nicht der relativ kleinen Tigray-Ethnie entstammt, sieht seinen Machtanspruch durch die TPLF gefährdet. Diese hatte im Oktober tatsächlich ihre Anerkennung seiner Regierung zurückgezogen und versucht, eine Armeebasis einzunehmen.

Das Massaker in Aksum ist nicht das erste, das aus dem Tigray-Krieg bekannt wird. Kriegsverbrechen werden auch der TPLF vorgeworfen, die sich seit der Einnahme der Regionalhauptstadt Mekelle auf den Guerillakampf verlegt hat. Beiden Seiten wird zudem nachgesagt, die Ernte zu verunmöglichen und eine Hungersnot heraufzubeschwören. Schon zum Start des Konflikts Anfang November hatten Amnesty und Human Rights Watch Belege für einen Angriff auf ein von Amharen bewohntes Dorf in Tigray gesammelt, bei dem ebenfalls mehrere Hundert Menschen getötet worden seien. Amhara-Milizen, ethnische Kämpfer aus einer der zwei größten Volksgruppen des Landes, unterstützen die äthiopische Armee.

Noch immer freilich lassen sich sehr wenige Details des Konflikts von außen bestätigen. Angehörige von Medien und Hilfsorganisationen dürfen weiterhin nicht in die Region einreisen. Die äthiopische Regierung hat ein Informations-Blackout verhängt und Internet und Handy-Empfang in Tigray gesperrt. Sie baut darauf, dass die Welt von anderen Themen abgelenkt ist. (Manuel Escher, 26.2.2021)