150.000 Euro für eine "Pokémon"-Sammelkarte. Wem das zu teuer ist, der kann auch nur einen Teil davon nehmen. Online-Plattformen wie Otis verbriefen den Wert und machen ihn handelbar.

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Investitionen in Kunstwerke oder Oldtimer waren bisher meist nur etwas für Superreiche. Mithilfe neuer Online-Plattformen mischen Kleinanleger inzwischen aber auch hier kräftig mit. Als Anlageobjekte dienen dabei nicht nur Gemälde von Picasso oder Autoklassiker von Ferrari, sondern auch eher ungewöhnliche und vergleichsweise günstige Sammlerstücke. Wem 200.000 Dollar für eine Birkin-Handtasche des französischen Luxusgüteranbieters Hermès oder 150.000 Dollar für eine Sammelkarte des Nintendo-Computerspiels "Pokémon" zu viel sind, der kann sich etwa über die Plattform Otis für einen Bruchteil der Kosten an derartigen Dingen beteiligen.

Das Unternehmen kauft alle möglichen Sammlerstücke wie handsignierte Trikots des verunglückten Basketballstars Kobe Bryant und verbrieft diese. Das heißt, Investoren erhalten einen Anteil an diesen Objekten und können diese handeln.

So bot Otis seinen Kunden im Vorjahr für je 20 Dollar Anteile an einem Werk des Straßenkünstlers Banksy an. Dem Unternehmen zufolge waren sie im vergangenen Monat 34 Dollar wert, ein Plus von 70 Prozent. Der Gesamtwert des Kunstwerks liege damit bei 722.000 Dollar. Den größten Kurszuwachs habe ein Satz Basketballsammelkarten des Herstellers Fleer aus dem Jahr 1986 erzielt, sagt Otis-Gründer Michael Karnjanaprakorn. Innerhalb von zwei Monaten seien die Anteile daran demnach von zehn auf mehr als 40 Dollar gestiegen.

Ähnliche Phänomene

Mit einem ähnlichen Geschäftsmodell wie Otis arbeitet Rally. Die Plattform verdoppelt nach Aussagen ihres Chefs George Leimer die Nutzerzahl alle 30 Tage und zählt bereits mehrere Hunderttausend Kunden. Er verglich den Boom mit demjenigen bei Börsen-Apps wie Robinhood, die bei den Kurskapriolen um die Aktien des US-Videospielehändlers Gamestop eine entscheidende Rolle spielen. Anders als am Aktienmarkt strichen Investoren aber nur selten horrende Gewinne ein, betont Rally-Chef Leimer. Die Quote liege "im niedrigen einstelligen Prozentbereich".

John-Paul Smith, ein ehemaliger Anlagestratege der Deutschen Bank, der in nordenglische Kunst investiert, sieht dagegen kaum Unterschiede zum Hype um Gamestop, Bitcoin und Co. "Banksy ist wie eine heiße Technologieaktie. Die Psychologie ist in jedem Markt ähnlich." Anders als bei Aktien oder Anleihen, deren Preise an der Börse für jeden sichtbar sind, ist die Wertermittlung bei Gemälden oder Sammlerobjekten allerdings schwierig. Zum einen haben sie kaum Gemeinsamkeiten, zum anderen sind sie meist nur bei gelegentlichen Auktionen handelbar.

Alternative Investments

Grundsätzlich sei der Kauf sogenannter alternativer Investments derzeit aber "weniger töricht" als in den gesamten vergangenen 30 Jahren, in denen er die Börsen verfolgt habe, fügt Smith hinzu. Aktien seien teuer, und die billionenschweren Konjunkturpakete von Staaten und Notenbanken würden irgendwann einmal zur Inflation führen. In jedem Fall sollten Anleger vorsichtig sein, warnt der Experte. "Ich würde niemandem raten, seine Altersversorgung darin zu investieren."

Wie lukrativ ein etwas anderes Investment sein kann, zeigt Whiskey. In Schottland wechselte eine 0,75-Liter-Flasche "The Macallan 1926 Fine and Rare" in den vergangenen Tagen für eine Million Pfund (1,16 Mio. Euro) den Besitzer. Der angepeilte Weltrekord wurde damit aber verpasst. Im Herbst 2019 war eine Abfüllung aus demselben Fass für knapp 1,5 Mio. Pfund unter den Hammer gekommen. Whiskey von dieser Sorte gilt bei Liebhabern als der Heilige Gral. (Elizabeth Howcroft, Tommy Wilkes, Reuters, 28.2.2021)