Montag ist der Tag der Entscheidung. Regierungsmitglieder, Bundeshauptleute und Experten werden darüber beraten, ob weitere Öffnungsschritte möglich sind. Die Covid-Zahlen sind hoch, die Impfstrategie schleppend, die Wirtschaftsvertreter wütend.

Regierungsmitglieder selbst verhielten sich in den vergangenen Tagen zurückhaltend, man wolle die Beratungen am Montag abwarten. Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer machte hingegen keinen Hehl daraus, wohin die Reise aus seiner Sicht gehen sollte: rasch wieder aufsperren – aber mit Sicherheitskonzept und Eintrittstests.

Das gilt nun schon seit geraumer Zeit. Viele zu lange finden die einen, das muss wohl noch so bleiben, sagen andere.
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Und was sagen die, die bereits öffnen konnten? Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer, will nicht in Jubel ausbrechen, doch immerhin: In manchen Branchen floriere das Geschäft. Möbelhandel, Baumärkte, alles, was mit dem Eigenheim zu tun habe, funktioniere. Schwieriger sei es weiterhin für die modischen Branchen. Zwar sei die Strategie aufgegangen, dass man Winterware mit teils hohen Rabatten an die Kunden gebracht hat, Frühlings- und Sommerware liegen zum Teil aber noch wie Blei in den Läden. Zudem sei es betriebswirtschaftlich für viele Händler eine Katastrophe, dass sie Ware mit Abschlägen von über 50 Prozent verkaufen mussten.

Disziplinierte Kunden

Was Trefelik positiv stimmt: Grundsätzlich haben die Öffnung mit Sicherheitskonzepten und die Einhaltung der Regeln funktioniert. "Die Kunden sind in vielen Bereichen sehr diszipliniert." Von Normalität sei man aber nach wie vor weit entfernt.

"Sehr dankbar, dass wir öffnen durften", ist auch Dagmar Zeibig, die 24.000 körpernahe Dienstleister vertritt. Zeibig wünscht sich aber noch mehr Testmöglichkeiten – vor allem auf dem Land.

Thorsten Schmitz, Geschäftsführer von Intersport, blickt mit Skepsis auf die kommende Woche. "Nicht wieder zu schließen, das ist ein erstes tolles Ziel", sagt er. Die Lage im Sporthandel bleibe angespannt. Mit dem nahezu totalen Ausfall der Wintersaison sei ein Gutteil des Geschäftes weggebrochen, das nicht mehr aufzuholen sei. Zumindest Fahrräder sollten jetzt zum Saisonstart in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, sagt der Manager. "Jetzt geht es darum, Liquidität in den Firmen zu halten."

Acht von zehn Österreichern würden sich für einen Restaurantbesuch testen lassen besagt zumindest eine Umfrage, die die Wirtschaftskammer beauftragt hat.
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Nicht nur Betriebe brauchen eine Perspektive, auch der Bevölkerung fehlt diese: 89 Prozent der Österreicher glauben nicht, dass das Leben in den kommenden sechs Monaten wieder zur Normalität zurückkehren wird, wie eine Umfrage der Universität Wien zeigt.

Doch selbst wenn weiter geöffnet wird, bleibt die Frage, ob die Kunden tatsächlich kommen. Ja, heißt es bei der Wirtschaftskammer, die auf eine eigens in Auftrag gegebene Umfrage verweist, wonach sich acht von zehn Österreichern für einen Restaurantbesuch testen lassen würden. In den Zahlen, die von der Universität Wien erhoben werden, bestätigt sich das nicht zur Gänze.

Seit dem Frühjahr 2020 wird dort die Stimmung im Land anhand repräsentativer Onlineumfragen mit rund 1500 Teilnehmern erhoben. Die Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass die Leute einer Öffnung eher skeptisch gegenüberstehen, erklärt Bernhard Kittel, Wirtschaftssoziologe der Uni Wien und für die Umfragen verantwortlich.

Niedrige Testbereitschaft

Insgesamt gebe es zwar einen leichten Anstieg der Testbereitschaft in der Bevölkerung, aber auf sehr niedrigem Niveau. So haben sich zuletzt nur sieben Prozent der Befragten im vergangenen Monat wöchentlich testen lassen. 41 Prozent gaben hingegen an, sich in dem Zeitraum nicht getestet zu haben. Die Menschen dürften von der Wirksamkeit nicht überzeugt sein: Nur 44 Prozent der Österreicher halten das Testen für eine effektive Maßnahme gegen die Pandemie; ein Viertel hält die Ergebnisse für nicht zuverlässig. Das Testangebot wird überwiegend als Möglichkeit gesehen, wieder Freunde zu treffen.

Ein voller Schanigarten, die Gäste dicht an dicht. Bis zu einem Bild wie diesem wird es wohl noch lange dauern.
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Wolfgang Eder, Innungsmeister und selbst Friseur in Salzburg, erlebt die Testmuffel am eigenen Leib. Zwar gebe es viel Zuspruch von Betrieben und komme auch der Großteil der Kunden in den Salon und wedle geradezu stolz mit den Testnachweisen, aber es gebe auch andere, die ihn deutlich wissen lassen, "dass sie das Testen für einen Blödsinn halten. Die Alternative wäre halt, geschlossen zu halten."

Knapp vier von zehn Österreichern sind dafür, Maßnahmen erst zu lockern, wenn die Ansteckungen bei null sind. Etwas widersprüchlich dazu: Die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen möglichst harte Maßnahmen, um die Krise zu verkürzen. Nach wie vor glauben die meisten Menschen, dass es in öffentlichen Verkehrsmitteln zu Ansteckungen kommt. Auch vor dem Restaurantbesuch herrscht Respekt: Ein Drittel der Bevölkerung ortet der Umfrage zufolge eine große oder sehr große Gefahr der Ansteckung in Lokalen.

Gefühlsmäßig sei die "Handbremse angezogen", meint Kittel, die Antworten zeigen Widersprüche: Zum einen hoffen die Menschen, bald zu ihrem normalen Leben zurückzukehren. Dennoch werden Öffnungsschritte mit einer gewissen Skepsis betrachtet, sagt der Experte. In den Hinterköpfen lauere wohl die Befürchtung, dass es nur ein kurzes Aufleben ist und ein nächster harter Lockdown vor der Türe steht. (Regina Bruckner, Nora Laufer 27.2.2021)