Rote Rosen oder rote Rösinnen?

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wenn Sie gelegentlich in Lexika nachschlagen, werden Sie vielleicht mitbekommen haben, dass sich die Duden-Redaktion in einem Anflug von verschärftem Reformfieber dazu entschlossen hat, dem generischen Maskulinum auf ihrer Website den Garaus zu machen.

Nie wieder soll es geschehen, dass die Malerin ungefragt in den Maler oder die Bösewichtin in den Bösewicht inkorporiert wird – da sei die gendergerechte Sprache vor. Die kennt zwar, heißt es beim Duden, keine Norm, dafür aber jede Menge "Optionen" für alle, die guten Willens sind.

Sprachliche Unsichtbarkeit der Frauen

Seither ist die Welt für Frauen eine andere geworden. Wo immer sie auftauchen, regnet es rote Rösinnen für sie, Kometen ziehen zierliche Schweife über das blaue Himmelszelt, der Gender-Pay-Gap ist wie vom Erdboden verschluckt, und auch mit der sprachlichen Unsichtbarkeit der Frauen (außer in 40 Millionen Liebesromanen, in denen sie die Hauptrolle spielen) ist es vorbei.

Kostenlos ist das alles aber nicht. Die moralische Aufmöbelung der Sprache wird LeserInnen Unmengen an Klobigkeiten, Zweideutigkeiten und Uneleganz bescheren ("Benutzungshandbuch"). Auch sind Endlosstreitereien um die optimale Option, wie sie seit langem zwischen Binnen-I- und Unterstrich-VerfechterInnen toben, Tür und Tor geöffnet.

Manche werden, wenn es schon keine Norm gibt, auch auf die Optionen pfeifen. Die Schuld daran müssen sie freilich selbst tragen. (Christoph Winder, 1.3.2021)