Susanne Hennig-Wellsow will die deutsche Linke in eine Koalition führen.

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Man soll aus Wahlergebnissen keine (falschen) Rückschlüsse ziehen. Mit 84,2 Prozent wurde Janine Wissler vom linken Flügel zur neuen Chefin der Linkspartei gewählt, ihre Co-Vorsitzende, die pragmatische Susanne Hennig-Wellsow, bekam nur 70,5 Prozent.

Allerdings: Wissler trat alleine auf der sogenannten Frauen-Liste an. Wissler, auf der "gemischten Liste", hatte zwei Gegenkandidaten. So gesehen ist auch ihr Ergebnis recht überzeugend.

Und Hennig-Wellsow freute sich ohnehin sichtbar, schließlich gelang am Samstag der thüringischen Linken-Politikerin der erste, wichtige Schritt von Erfurt nach Berlin. Die 43-Jährige will dort aber nicht nur Bundeschefin der Linken sein, sondern nach der Wahl im September auch in den Bundestag.

Glattes Eis kennt sie gut, sie begann als Achtjährige mit dem Eisschnelllauf. Ursprünglich stammt Hennig-Wellsow aus Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Mutter war in der DDR Standesbeamtin und arbeitete nach der Wende im Thüringer Innenministerium. Der Vater gehörte der Nationalen Volksarmee an, später arbeitete er als Polizist.

Sportliche Jugend

Im Elternhaus war die Zeit des Nationalsozialismus oft Thema, sagt Hennig-Wellsow, deshalb kämpfe sie seit Jahren gegen "alte und neue Nazis". Am Sportgymnasium Erfurt absolvierte sie ihre Matura als Eisschnellläuferin. Willensstärke und Disziplin aus ihrer Zeit des aktiven Spitzensports helfen ihr heute auch in der Politik, sagt sie.

Nach dem Pädagogik-Studium begann sie im Thüringer Landtag als Referentin der PDS-Fraktion zu arbeiten. Mit 26 Jahren wurde sie jüngste Abgeordnete im Landtag, heute ist sie dort Fraktionsvorsitzende, die Landespartei führt sie ebenfalls. Mit Mann und Kind lebt sie nach wie vor in Erfurt.

"Ich weiß, wie Regieren geht", sagte sie im Herbst, als sie ihre Bewerbung für das Amt der Linken-Chefin im Bund bekanntgab. Sie gilt als eine der Architektinnen des rot-rot-grünen Bündnisses in Thüringen, der linke Ministerpräsident Bodow Ramelow nennt sie seine "Vorsitzende".

Strikte AfD-Gegnerin

"Bodo oder Barberei", gab sie im Thüringer Wahlkampf als Losung aus – mit einer Schärfe, die viele erstaunte.

Bei der AfD allerdings kennt sie auch wenig Pardon. Nie bekam jemand einen Blumenstrauß verächtlicher vor die Füße geworfen als FDP-Mann Thomas Kemmerich von Hennig-Wellsow, nachdem er sich im Thüringer Landtag mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen. Damit wurde sie bundesweit bekannt. (Birgit Baumann, 28.2.2021)