Vorarlberg schreitet bei den Öffnungsschritten voran.

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Wien – Der Modus ist inzwischen bekannt: Am Montag traf – wie bereits mehrfach erprobt – die Regierung erst Experten, dann die Opposition und schließlich die Landeshauptleute. Im Anschluss an den Gesprächsreigen sollte grob bekanntgegeben werden, wie es weitergehen soll im Land. Und wie schon die vergangenen Male dauerte es auch diesmal länger als erwartet. Kurz nach 18 Uhr trat die Regierungsspitze schließlich vor die Medien.

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Wobei sich vorerst nicht viel ändert. Die Infektionszahlen sind bekanntlich recht hoch, die Virusmutationen verbreiten sich. Gleichzeitig gibt es beim Infektionsgeschehen regional große Unterschiede – lange war Wien weniger betroffen als andere Bundesländer, jetzt sind die Zahlen in der Ostregion wieder gestiegen. "Für die Bevölkerung ist es ein verdammt langes Jahr", sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Auf lokale Entwicklungen will die Bundesregierung künftig regional reagieren.

Regionalisierung: Länder, die mit ihren Corona-Fallzahlen aktuell besser dastehen als andere, sollen lokale Lockerungen erfahren. Schon am Nachmittag kündigte FPÖ-Chef Norbert Hofer, der sein Gespräch schon hinter sich gebracht hatte, an, dass es es eine Art Bonus-Malus-System geben wird. Regionen mit einer niedrigen Sieben-Tage-Inzidenz dürfen sich künftig auf Lockerungen einstellen. "Wir haben uns für ein regional abgestuftes System entschieden", sagte Kurz. Und: In Vorarlberg werde es ab 15. März "deutliche Öffnungsschritte" geben – im Bereich Sport, Gastronomie und Kultur. "Wir sind in einer guten Ausgangsposition", erklärte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

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Bei hoher Sieben-Tage-Inzidenz drohen hingegen Verschärfungen. In Bezirken, die eine Inzidenz über 400 haben, solle es umfassende Maßnahmen inklusive Ausreisetestungen geben, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Abend.

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Grüner Pass: Ein sogenannter "Grüner Pass" soll Geimpften, Personen, die eine Covid-Infektion überstanden haben, und nun vermutlich auch allen, die sich zweimal pro Woche testen lassen, gewisse Vorteile bringen. Details werden allerdings erst in den kommenden Tagen folgen. Kritik an dem Vorhaben kam aus Wien. "In einer Zeit, in der wir zu wenig Impfstoff haben, brauchen wir nicht darüber diskutieren", erklärte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in einem STANDARD-Interview. Mit dem Pass würde "ein Ungleichgewicht auf der Basis der Gesundheitsdaten" geschaffen, das sei "Gift" für das Gesundheitssystem. Stattdessen setzt die Stadt nun auf Befunde, die mit QR-Codes ausgestattet sind. Diese sollen – ganz ohne Pass – die Kontrolle der Testbefunde erleichtern.

Gastgärtenöffnung: Bekanntermaßen verbreitet sich das Virus an der frischen Luft schlechter als in geschlossenen Räumen. "Wir beginnen outdoor, bevor wir indoor weitere Schritte setzen können", sagte Kurz. Es komme vor allem bei Schönwetter zu "unregulierten" Treffen, betonte auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). In der Gastronomie gebe es gewisse Regeln, die das Contact-Tracing erlauben und Tests voraussetzen. Darum dürfen Lokale ab 27. März ihre Schanigärten öffnen.

Kultur: "Wir wollen die nächsten Entwicklungen der Zahlen abwarten", sagte Wiens Bürgermeister Ludwig. Er hoffe auf einen nächsten Schritt ab "April/Mai".

Sport für Schüler: Kinder und Jugendliche, die in der Schule getestet werden, sollen ab 15. März auch wieder zum Sport dürfen.

Mehr Maske: Die FFP2-Masken-Pflicht soll weiter ausgerollt werden, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Für größere Betriebe soll es ein Präventionskonzept geben. In Bezirken mit hoher Inzidenz sollen Sicherheitskonzepte erarbeitet werden. Dort soll es Maßnahmen wie Ausreisetests geben.

Kritik: Unverständnis über die Regierungspläne herrscht in der Opposition. Die FPÖ drängt weiterhin auf Lockerungen unabhängig von regionalen Fallzahlen. Die Neos vermissen bei den aktuellen Plänen Details und kritisieren, dass weiterhin zu wenig geimpft werde. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lehnt allfällige weitere Öffnungen als "hochgradig unverantwortlich" ab. Dass die Zahl der Intensivpatienten zunimmt, sei Resultat der verfrühten Öffnungsschritte bisher. Anders sieht das ihr Parteikollege Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten, der fordert, dass Menschen wieder Perspektiven bekommen.

Die Gastronomie reagierte schwer enttäuscht. Die Öffnung der Gastgärten zu Ostern reiche nicht. Viele Betriebe hätten keinen Außenbereich oder dieser sei zu klein, um die Öffnung wirtschaftlich darstellen zu können, sagte Wirte-Sprecher Mario Pulker am Abend. Er forderte eine Aufstockung der Hilfsgelder.

Der Präsident der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer, kann der Öffnung der Gastgärten etwas Positives abgewinnen: "Jetzt haben wir den Fuß in der Tür. In einem nächsten Schritt bringen wir die Gäste in die Lokale, Hotels und Veranstaltungssäle." Die Wirtschaftskammerspitze fordert aber weiter einen Stufenplan für Öffnung aller Branchen und verweist darauf, dass zwei Drittel aller Ansteckungen im privaten Bereich stattfinden würden.

Wirtshäuser, Lokale, Hotels, Theater und Sportveranstaltungen sind seit mittlerweile vier Monaten für Besucher und Gäste geschlossen. (Oona Kroisleitner, Katharina Mittelstaedt, 1.3.2021)