Als Ministerpräsident noch parteilos, nun soll er Parteichef der "Grillini" werden, ...
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Das Ende der alten Regierung, besiegelt am 25. Jänner durch die offizielle Rücktrittserklärung von Premier Giuseppe Conte, war ein politisches Trauma – sowohl für Conte persönlich als auch für die Fünf-Sterne-Bewegung. Der 56-jährige Jus-Professor, der vor knapp drei Jahren aus dem Nichts italienischer Ministerpräsident geworden war, konnte es lange nicht fassen, von seinem kleinsten Koalitionspartner, Ex-Premier Matteo Renzi, gestürzt worden zu sein.

Und die Protestbewegung musste sich danach einmal mehr selbst verleugnen, um dem neuen Premier Mario Draghi das Vertrauen auszusprechen: Der ehemalige EZB-Chef galt in der Anti-System-Partei jahrelang als geradezu idealtypischer Vertreter der verhassten Eliten.

Schock überwunden

Inzwischen haben die beiden Verlierer ihren Schock einigermaßen überwunden, und am Wochenende hat der Komiker und Blogger Beppe Grillo beschlossen, das Schicksal der von ihm gegründeten Protestbewegung dem früheren Premier anzuvertrauen. Dieser war bisher zwar parteilos, aber innerhalb der Fünf Sterne genießt Conte immer noch hohes Ansehen.

"Wir haben die Technologie, wir haben die Ideen und den Gemeinschaftssinn, die uns immer ausgezeichnet haben. Nun ist der Moment gekommen, weiter zu gehen", erklärte Grillo nach einem Spitzentreffen der Fünf Sterne in einem römischen Hotel am Sonntag.

Der künftige Kurs der Fünf-Sterne-Bewegung ist für die italienische Politik nicht ganz unerheblich: Immerhin sind die "Grillini" seit ihrem spektakulären Wahlsieg im März 2018, als sie 32,7 Prozent der Stimmen gewannen, die mit großem Abstand stärkste Kraft im Parlament. Der designierte Parteichef Conte hat von Grillo weitgehend freie Hand erhalten, die Bewegung politisch neu aufzustellen.

Und Conte hat am Wochenende auch bereits angedeutet, wohin die Reise mit ihm gehen soll: "Unser Programm wird auf drei Säulen stehen: ökologischer Umbau, Rechtsstaatlichkeit und die Rechte der Frauen und der Schwächsten der Gesellschaft." Unter ihm sollen die Fünf Sterne außerdem zu einer europafreundlichen Kraft werden – was man bisher keineswegs von allen Exponenten der Partei behaupten konnte.

... deren Spitzname von Parteigründer Beppe Grillo kommt.
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Contes Aufgabe wird keine einfache sein: Die Fünf-Sterne-Bewegung befindet sich in der ernsthaftesten Sinnkrise seit ihrer Gründung und wird erschüttert von internen Flügelkämpfen und Streitereien.

Allein in den vergangenen zwei Wochen sind 36 Abgeordnete und Senatoren ausgeschlossen worden, weil sie – unter Berufung auf die alten Ideale der Anti-System-Partei – Mario Draghi in den Vertrauensabstimmungen ihre Stimme verweigert hatten. Bei den Opfern der Säuberungen handelte es sich in erster Linie um Vertreterinnen und Vertreter des orthodoxen und populistischen Flügels – die bei der Basis freilich beliebter sind als "Realpolitiker" wie etwa Außenminister Luigi Di Maio.

Umfragetief seit Monaten

In den Umfragen dümpeln die Fünf Sterne seit Monaten klar unter der 20-Prozent-Marke. Contes größtes Problem wird darin bestehen, den "Grillini" endlich ein klar erkennbares und auch verlässliches politisches Profil zu geben. In den drei Jahren an der Regierungsmacht haben die Fünf Sterne die meisten ihrer Ideale über Bord geworfen und standen, nachdem sie zuerst mit der rechtsradikalen Lega von Matteo Salvini und danach mit den Sozialdemokraten regiert hatten, vor allem für eines: politische Beliebigkeit und Opportunismus.

Unerfahren, wie sie waren, haben sie sich zuerst dem rechten "Capitano" Salvini unterworfen; danach haben sie sich von den erfahrenen linken Politikprofis des Partito Democratico austricksen lassen. Entsprechend dürftig präsentiert sich nun die Bilanz ihrer dreijährigen Regierungsbeteiligung als numerisch stärkste Partei. (Dominik Straub, 1.3.2021)