Chloé Zhao erhielt als erste asiatische Regisseurin einen Golden Globe.

Das Städtchen Ojai in Kalifornien ist von Hollywood gerade so weit entfernt, dass man schon wieder von einer eigenen Welt sprechen kann. Die Filmemacherin Chloé Zhao hat hier eine neue Heimat gefunden, sie lebt mit zwei Hunden und drei Hühnern und ihrem Lebensgefährten, dem Kameramann Joshua James Richards, in Ojai.

Dass sie hier vorläufig angekommen ist, hat mit einer langen Bewegung nach Westen zu tun, die ihr bisheriges Leben geprägt hat. Als sie 1982 in Peking geboren wurde, stand das chinesische Wirtschaftswunder noch ganz am Anfang. Ihr Vater war einer derjenigen, die davon profitierten. Für seine Tochter eröffnete das Möglichkeiten, die in der Volksrepublik lange undenkbar waren.

Chloé Zhao ging auf ein Internat nach London und kehrte von dort nicht nach Hause zurück. Im renommierten Mount Holyoke College kam sie in Kontakt mit den Künsten, an der New York University entschied sie sich dann für das Kino.

Im Wilden Westen

Für ihr Abschlussprojekt ging sie in den Wilden Westen. In den Menschen des Pine-Ridge-Reservats in South Dakota fand Chloé Zhao die Figuren für ihre ersten beiden Filme. Songs My Brothers Taught Me (2015) und der Neowestern The Rider (2017) legten Zeugnis ab von einer starken Sensibilität für Landschaften, Mythen und Identitäten von Außenseitern.

In Amerika spricht man vom "heartland", von der Kernregion des riesigen Landes. Und in diesem "Herzland" spielt nun auch Nomadland, der dritte Film von Chloé Zhao, für den sie jetzt in Hollywood mit zwei Golden Globes ausgezeichnet wurde. Eine Geschichte über Arbeitsnomaden in Amerika, mit Frances McDormand in der Hauptrolle. Bei den Globes war Zhao wieder einmal die Erste: erste Frau aus Asien und erste asiatische Koproduzentin mit dieser Auszeichnung. Ihre Chancen bei den Oscars sind damit gestiegen.

Die nächsten Schritte sind aber auch so schon getan: Für das Marvel Cinematic Universe hat Chloé Zhao gerade die Superheldengeschichte Eternals gedreht, für Universal will sie aus dem Dracula-Stoff wieder eine Art Western machen. Vorbei sind die Zeiten, in denen es Männergenres gab. In Hollywood holen Frauen nun jahrzehntelange Zurücksetzung in Riesenschritten auf.

Bei Chloé Zhao kann man aber annehmen, dass sie sich vom großen Geschäft nicht verrückt machen lässt. "Ich bin ein Kind von Reisbauern", stellt sie gern fest. "Manchmal aber breche ich einfach irgendwohin auf." (Bert Rebhandl, 1.3.2021)