Verhängnisvoller Tag für Nicolas Sarkozy vor Gericht.

Ende der Vorstellung. Die lange politische Karriere des Nicolas Sarkozy hat am Montag mit dem Urteil eines Pariser Strafgerichtes wohl ihren Schlusspunkt erlebt – ein Jahr vor den nächsten Präsidentschaftswahlen, bei denen der 66-jährige Republikaner zweifellos antreten wollte.

Das Gericht befand Sarkozy, seinen Anwalt Thierry Herzog sowie den früheren Richter Gilbert Azibert der Korruption und passiven Bestechung für schuldig. Sarkozy hatte dem Letztgenannten einen Altersjob in Monaco versprochen; im Gegenzug wünschte er Auskunft über den Ermittlungsstand in der sogenannten Bettencourt-Affäre – in der er letztlich nicht belangt wurde. Laut Abhörprotokoll sagte Sarkozy am Handy, das er zur Tarnung auf den Namen "Paul Bismuth" abonniert hatte, zu seinem Anwalt: "Ich werde es nach oben weitergeben. Ich werde ihm helfen."

Alle Angeklagten erhalten eine Haftstrafe von drei Jahren, von denen zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt sind. Sarkozy muss deshalb nicht hinter Gittern. Nach französischer Rechtsprechung kann er ein Jahr lang eine Fußfessel tragen. Augenzwinkernd präsentieren Pariser Medien nun eine frühere Wortmeldung Sarkozys, in der er forderte, dass Delinquenten mit mehr als sechs Monaten unbedingter Haft die Strafe wirklich absitzen müssten.

Wortlos aus dem Gebäude

Sarkozy legte schon am Montag Berufung gegen das Urteil ein. Er verließ das Gerichtsgebäude so wortlos wie seine Anwälte. Das ist in Paris sehr unüblich – Ausdruck von Konsternation und Wut.

In Frankreich hat noch nie ein Staatschef eine feste Gefängnisstrafe erhalten. Jacques Chirac – notabene Sarkozys politischer Ziehvater – war 2011 wegen der Vermittlung von Scheinjobs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Allerdings war Chiracs Delikt geringer – und seine politische Karriere bereits zu Ende. Sarkozy sah sich hingegen als Rettungsanker für die Konservativen, die zwischen dem Mitte-Politiker Emmanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen eingezwängt sind und keine starke Kandidatur zustande bringen.

Das Sarkozy-Lager gab seine während des Prozesses geübte Zurückhaltung am Montag auf und übte erboste Kritik. "Welche Verbissenheit!", schrieb Sarkozys Gattin, die Chansonsängerin Carla Bruni, auf Instagram, um anzufügen: "Der Kampf geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen."

Attacke auf Justiz

Sarkozys Partei Les Républicains (LR) griff die Justiz frontal an und unterstellt ihr eine "politische Stoßrichtung", wie die Abgeordnete Constance Le Grip erklärte. Im Visier hat die Rechte die Finanzstaatsanwaltschaft (PNF), die gegen Sarkozy ermittelt hatte.

Im Hintergrund schwingt bei den Republikanern der Vorwurf mit, die Linke habe ihren bestmöglichen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen von 2022 mit einer "Affäre" abgesägt, nachdem sie 2017 schon ihren chancenreichen Anwärter François Fillon auf diese Weise verhindert habe. Ob Sarkozy der beste Bewerber der Konservativen war, ist unsicher. 2012 hatte er gegen François Hollande verloren. (Stefan Brändle aus Paris, 1.3.2021)