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Die USA versuchen Druck auf den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman aufzubauen.

Foto: REUTERS

Die US-Regierung hat Saudi-Arabien aufgefordert, eine an der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi beteiligte Eliteeinheit aufzulösen. Die Schnelle Eingreiftruppe, die Kronprinz Mohammed bin Salman als Leibgarde dient, dürfe nicht weiter bestehen, sagte US-Außenamtssprecher Ned Price am Montag. Unterdessen wächst der Druck auf die US-Regierung, weil sie den Kronprinzen trotz eines vernichtenden Geheimdienstberichts zum Fall Khashoggi nicht mit Sanktionen belegt.

Sanktionen gegen Schnelle Eingreiftruppe

Die USA hatten die zu Saudi-Arabiens königlicher Garde gehörende Schnelle Eingreiftruppe am Freitag auf eine Sanktionsliste gesetzt. Zuvor war ein US-Geheimdienstbericht veröffentlicht worden, der Kronprinz Mohammed für die Ermordung Khashoggis am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul verantwortlich macht: Der Thronfolger habe einen Einsatz genehmigt, um den regierungskritischen Journalisten "zu ergreifen oder zu töten", heißt es darin.

"Wir haben eindeutig klargemacht – und werden das auch weiterhin tun –, dass die brutale Ermordung von Jamal Khashoggi vor 28 Monaten eine inakzeptable Tat bleibt", betonte Price am Montag. Saudi-Arabien sei aufgefordert worden, die Schnelle Eingreiftruppe aufzulösen und dann Reformen umzusetzen, um dafür zu sorgen, dass Aktionen gegen Regierungskritiker "vollständig" eingestellt werden. Außerdem solle Saudi-Arabien etwa das Reiseverbot für die Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul aufheben.

Der Journalist Jamal Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet.
Foto: AFP / MOHAMMED AL-SHAIKH

Dem 15-köpfigen Kommando, das Khashoggi tötete, gehörten auch sieben Mitglieder der Schnellen Eingreiftruppe an. Nach US-Angaben war die Eliteeinheit schon zuvor auf Befehl des Kronprinzen gegen Regierungskritiker im In- und Ausland vorgegangen. Sie folgt demnach allein dem Befehl des saudischen Thronfolgers.

Nach der Veröffentlichung des Geheimdienstberichts verhängten die USA Sanktionen gegen dutzende Saudi-Araber – nicht aber gegen den Kronprinzen selbst. Im In- und Ausland sorgte das für Kritik.

Verlobte fordert Bestrafung des Kronprinzen

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte dazu am Montag, die USA sanktionierten üblicherweise keine ausländischen Regierungsvertreter. Zugleich betonte sie: "Natürlich behalten wir uns das Recht vor, Maßnahmen an einem Zeitpunkt und in einer Form unserer Wahl zu ergreifen." Die USA könnten nicht vorhersagen, wer in Zukunft etwa mit Einreisesperren belegt werden könnte. "Ich bin mir keiner Reisepläne des Kronprinzen in die USA in näherer Zukunft gewahr", fügte sie hinzu.

Zuvor hatte Khashoggis Verlobte Hatice Cengiz angesichts des US-Geheimdienstberichts die Bestrafung des Kronprinzen gefordert. "Es ist zwingend erforderlich, dass der Kronprinz, der den Mord an einem unschuldigen Menschen angeordnet hat, unverzüglich bestraft wird", twitterte sie. Einerseits werde dadurch ihrem Verlobten Gerechtigkeit getan, andererseits könnten "ähnliche Taten in der Zukunft verhindert werden".

Biden kündigt "Neueinstellung" der Beziehungen zu Saudi-Arabien an

Ähnlich argumentierte die Uno-Sonderberichterstatterin für außergerichtliche, standrechtliche und willkürliche Hinrichtungen, Agnès Callamard. "Es ist aus meiner Sicht extrem problematisch, wenn nicht sogar gefährlich, die Schuldhaftigkeit eines Menschen zu benennen und diesem Menschen dann zu sagen, dass wir deswegen nichts unternehmen werden", sagte sie. Die USA müssten den Kronprinzen "für das sanktionieren, was er getan hat".

US-Präsident Biden hat eine "Neueinstellung" der Beziehungen zu Saudi-Arabien angekündigt. Dass aber auch die neue US-Regierung nicht an einem Bruch mit der absoluten Monarchie interessiert ist, machte kürzlich US-Außenminister Antony Blinken deutlich.

Doch auch einige Vertreter von Bidens Demokratischer Partei wünschen sich ein deutlich härteres Auftreten. Der demokratische Senator Ron Wyden nannte den Kronprinzen einen "amoralischen Mörder, der für ein abscheuliches Verbrechen verantwortlich" sei. Für Mohammed bin Salman müsse es "persönliche Konsequenzen" geben.

Saudi-Arabien hatte den US-Geheimdienstbericht "komplett" zurückgewiesen. Das Königshaus streitet jede Verwicklung des Kronprinzen in den Mordfall ab.

Reporter ohne Grenzen stellt Strafanzeige

Diese Argumentation möchte die Organisation Reporter ohne Grenzen nicht gelten lassen. Sie hat beim deutschen Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen Mohammed bin Salman gestellt. Er sei mutmaßlich hauptverantwortlich für den Mord an Khashoggi und die Inhaftierung von mehr als 30 saudischen Journalistinnen und Journalisten, teilte die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen am Dienstag mit. Dabei handle es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. (APA, 2.3.2021)