Mitautorinnen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sind Mette Frederiksen (Dänemark), Sanna Marin (Finnland) und Kaja Kallas (Estland).

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Die wohl wichtigsten Tech-Konzerne haben ihren Sitz in den USA, und die Cloud-Infrastruktur ist unter fast marktbeherrschender Kontrolle von Firmen wie Amazon, Google und Microsoft. Entsprechende Entwicklungen sucht man in Europa hingegen vergeblich. Zudem gebe es Handlungsbedarf im Bereich der künstlichen Intelligenz und bei Quantencomputern. In einem gemeinsamen Appell, die digitale Souveränität zu stärken, wendet sich Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel deshalb gemeinsam mit den Regierungschefinnen von Estland, Dänemark und Finnland nun an die EU, berichtete das "Handelsblatt".

In einem Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schreiben Merkel und Co, dass digitale Wertschöpfung und auch Innovationen in erheblichem Ausmaß außerhalb Europas stattfänden. Gleichzeitig würden Abhängigkeiten und Schwächen der europäischen digitalen Kapazitäten, Fähigkeiten und Technologien immer offensichtlicher werden.

Aktionsplan für mehr digitale Souveränität

Mit ihrem Appell wollen Merkel, die Estin Kaja Kallas, die Finnin Sanna Marin und die Dänin Mette Frederiksen die EU-Kommissionschefin in ihren Bemühungen unterstützen und schlagen deshalb vor, einen Aktionsplan für mehr digitale Souveränität vorzulegen. Außerdem sollen mit dem Wideraufbaufonds zur Überwindung der Corona-Krise Zukunftsprojekte gefördert werden. Zudem sollen große Plattformbetreiber wie Facebook, Google und Amazon stärker kontrolliert werden.

Hierfür sind auf EU-Ebene bereits zwei Gesetze in Verhandlung. Ein Instrument soll der Digital Markets Act (DMA) liefern. Dieser sieht vor, dass sich sogenannte "Gatekeeper" – also Konzerne, deren Nutzerzahlen zehn Prozent der EU-Bevölkerung übersteigen – sich in Zukunft mehr für die Konkurrenz öffnen. Zusätzlich werden unfaire Geschäftspraktiken verboten, mit denen Konzerne ihre Produkte, zum Beispiel in Suchergebnissen, bevorzugen. Parallel hierzu wurde außerdem der Digital Services Act (DSA) vorgestellt. Dieser soll die Handhabung von Nutzerinhalten regeln, also zum Beispiel Moderationsentscheidungen von Plattformbetreibern transparenter machen.

Ausbau der Fähigkeiten und starke Bündnisse

Laut den im Brief formulierten Forderungen soll zudem der "digitale Binnenmarkt" gestärkt werden, "damit Innovationen gedeihen und Daten frei fließen können. Wir müssen Wettbewerb und Marktzugang in einer datengetriebenen Welt wirksam sicherstellen", schreiben Merkel und Kolleginnen. Es sei zudem Zeit, dass Regierungen bei der Digitalisierung voranschreiten. Für den Ausbau der notwendigen Fähigkeiten wolle man ein "starkes transatlantisches Verhältnis" eingehen, die gegenseitige Zusammenarbeit stärken und Synergien ausbauen.

Digitale Souveränität bedeute dabei, auf die Stärken Europas aufzubauen und strategische Schwächen zu reduzieren – allerdings weder Ausgrenzung noch protektionistisches Handeln, so der Brief an von der Leyen. "Wir wollen daher, dass die Europäische Union sich an die Spitze des digitalen Wandels setzt, so wie wir es im Europäischen Rat im Oktober 2020 gefordert haben. Eine solche Digitalpolitik umfasst gleichermaßen die Belange der Gesellschaft, der Wirtschaft und des Staates, und sie begünstigt den Übergang zu einer grünen Wirtschaft." (mick, 2.3.2021)