Bild nicht mehr verfügbar.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zählt zur Fraktion der Vorsichtigen. Doch der Druck auf sie wird immer größer.

Foto: Reuters / John MacDougal

Der Frust ist der gleiche, bloß in der Ausdrucksweise unterscheidet man sich. "Wir haben die Nase voll", sagt die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). "Die Leute haben die Schnauze voll", erklärt der hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU).

Deutschland steckt immer noch im harten Lockdown. Natürlich, man kann Lebensmittel kaufen und im Drogeriemarkt auch Waschmittel sowie Haarshampoo. Aber Läden, die nicht den täglichen Grundbedarf decken, sind geschlossen, ebenso Lokale und Museen. Schülerinnen und Schüler sind im Wechselunterricht. Immerhin: Seit diesem Montag haben die Friseure wieder geöffnet.

"Wir wollen auch endlich!", rufen Gastronomen wie Ladenbetreiber und verweisen auf Hygienekonzepte. Derzeit steigt die Zahl der Neuinfektionen leicht, aber stetig, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bundesweit bei 65. Zum Vergleich: In Österreich beträgt sie 161.

Der deutsche Wert ist viel niedriger, aber dennoch weit von jenem entfernt, der für Kanzlerin Angela Merkel maßgeblich ist: 35. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 könne man in größerem Stil lockern, hat sie vor einigen Wochen erklärt.

Papier aus dem Kanzleramt

Doch ob dies durchzuhalten ist, ist fraglich. Der Widerstand in den Ländern ist zu groß. Am Mittwoch kommt Merkel wieder mit den Regierungschefs der 16 Länder zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Fraktion der "Lockerer" wird dabei immer stärker.

Grundlage für die Beratungen ab Mittwochnachmittag ist ein Papier aus dem Kanzleramt. Darin schlägt Merkel eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März, also bis zum Anfang der Osterferien vor. Doch in dem Entwurf heißt es auch: "Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder wissen, wie wichtig es ist, den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft Planungsperspektiven zu geben."

Daher sind bis zum 28. März schon erste Öffnungsschritte vorgesehen. Ab kommender Woche sollen sich wieder bis zu fünf Mitglieder zweier Haushalte treffen dürfen, Kinder werden dabei nicht mitgezählt. Derzeit darf sich ein Haushalt nur mit einer weiteren Person verabreden.

Besuche zu Ostern

In den Osterferien sollen sich dann auch mehr als zwei Haushalte treffen können. Zwar wird von Reisen nach wie vor abgeraten, aber es heißt in dem Papier auch: "Anders als im Lockdown über Ostern im letzten Jahr sollen jedoch Verwandtenbesuche in diesem Jahr möglich sein."

Zudem ist geplant, bundeseinheitlich Buchhandlungen, Blumenläden und Gartenmärkte wieder zu öffnen. Dies ist derzeit in den Ländern unterschiedlich geregelt. Voraussetzung sind ein entsprechendes Hygienekonzept und eine Begrenzung auf einen Kunden pro 20 Quadratmeter.

Bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von 35 in einem Bundesland oder einer Region darf dann dem Entwurf nach auch der Einzelhandel öffnen, ebenso Museen, Galerien, Zoos und botanische Gärten. Über Öffnungen von Hotels und Gastronomie will die Runde erst am 24. März reden.

Neues Testkonzept

Flankiert werden diese Öffnungsschritte von einem neuen Testkonzept. Laut dem Bundesgesundheitsministerium sollen die Deutschen in Testzentren, Apotheken oder Praxen zweimal wöchentlich kostenlos einen Antigen-Schnelltest machen lassen können. Auch Selbsttests wird es nun im Laufe des März in Deutschland geben.

Wie jedes Mal, wenn sie sich mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder trifft, hat Merkel das Problem, dass nicht alle Wünsche so einfach unter einen Hut zu bringen sind.

Und dann gibt es in Deutschland auch noch einige regionale Verbote, die von den Kommunen erlassen werden. So darf man in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam in einigen Bereichen der historischen Innenstadt nur mit Maske unterwegs sein. So ist es auch in Hamburg. Auf vielen besonders belebten Plätzen und Parkanlagen in der Innenstadt gilt am Wochenende Maskenpflicht, ausdrücklich auch beim Joggen und Radfahren, ebenfalls auf Spielplätzen. Allerdings müssen nur die Erwachsene Masken tragen, nicht Kinder.

Rauchen nicht erlaubt

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) verteidigte das Joggen mit Mund-Nasen-Schutz. Wenn man sich in einem belebten Gebiet aufhalte, "dann ist es egal, wie schnell man sich bewegt".

In vier stark frequentierten Parks in Köln muss man ebenfalls Masken tragen. Zum Essen und Trinken dürfen sie kurz abgenommen werden, nicht aber zum Rauchen. Die Stadt schickt Kontrolleure in Fahrrad-Rikschas los, diese verteilen aber auch kostenlose Masken.

Eine besondere Maßnahme hat die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf ersonnen. Dort gilt am Rheinufer ein sogenanntes "Verweilverbot". Wer die Sonne und den Blick über das Wasser genießen möchte, darf dies am Wochenende nur noch im Gehen tun. Verboten ist hingegen, stehen zu bleiben, sich auf eine Bank oder auf die Wiese zu legen. (Birgit Baumann aus Berlin, 2.3.2021)