Baumwolle ist ein wichtiger Rohstoff in der Textilindustrie. In Europa wird die Pflanze kaum angebaut, wie in vielen Industrien erstrecken sich die Wertschöpfungsketten über den gesamten Globus.

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Wien – Es gibt zwei Möglichkeiten, fair zu konsumieren. Eine ist, dass sich Kunden genau informieren und keine Produkte kaufen, bei deren Herstellung Menschenrechte verletzt oder die Umwelt zerstört wurde. Die andere ist: Der Gesetzgeber verbietet, dass unfaire Produkte in die Regale kommen.

Die Sozialdemokraten finden letztere Option besser und haben am Mittwoch einen entsprechenden Vorschlag für ein Lieferkettengesetz präsentiert, der im Umwelt- und Justizausschuss eingebracht werden soll. Die Idee ist nicht neu. Konzerne sollen für die gesamte Lieferkette haften. Wenn ein Textilhersteller etwa Stoffe verwendet, die zwar von einem Zulieferer, aber unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden, haftet er dafür.

Sorgfaltspflicht

Laut SPÖ-Vorschlag soll eine Sorgfaltspflicht für Unternehmen kommen: Immer, wenn neue Lieferketten aufgebaut werden, und sonst einmal im Jahr sollen Konzerne überprüfen, ob ihre Lieferketten frei von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden sind. Wird der Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen, soll es Strafen geben. Auch der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen soll möglich sein.

Die SPÖ streamte die Pressekonferenz im Internet.

Die Sorgfaltspflicht soll nicht für alle Unternehmen gelten, sondern erst ab einer bestimmten Größe. Die SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr stellte bei der Präsentation der Forderung klar, dass es nicht darum gehe, ein neues Bürokratiemonster zu schaffen. Es gehe auch darum, den Unternehmen dabei zu helfen, ihre Lieferketten von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden freizubekommen.

Das Gesetz soll für die gesamte Lieferkette gelten, also das eigene Unternehmen, Tochtergesellschaften, Subauftragnehmer und Zulieferbetriebe. Und zwar für alle Unternehmen, die in Österreich Produkte verkaufen oder Dienstleistungen anbieten und einen jährlichen Mindestumsatz überschreiten. Die rote Abgeordnete Julia Herr sagte, man dürfe die Debatte in Österreich nicht verschlafen.

Einigung in Deutschland

In Deutschland hat Regierung am Mittwoch nach monatelangem Ringen das Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht. Das Kabinett habe den unter Federführung des Arbeitsministeriums vorgelegten Entwurf gebilligt, berichtete Reuters unter Berufung auf einen Regierungsvertreter.

Große Unternehmen in Deutschland werden damit ab 2023 verpflichtet, gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße bei ihren weltweiten Zulieferern vorzugehen. Bei Verstößen drohen ihnen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des weltweiten jährlichen Konzernumsatzes. Ab einem Bußgeld von 175.000 Euro können Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

In Frankreich gibt es eine Sorgfaltspflicht für große Konzerne schon seit 2017. Auch auf europäischer Ebene wird an einer entsprechenden Regelung gearbeitet. Die EU-Kommission wird in ihrem für Juni geplanten Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz alle Unternehmen einbeziehen, egal welcher Größe, kündigte EU-Kommissar Didier Reynders an. Die EU-Regeln sollten auch für Unternehmen gelten, die keinen Sitz in der EU hätten, aber ihre Produkte im Binnenmarkt verkaufen wollten.

Initiative

Abgesehen von alledem startet die Bürgerinitiative für ein Lieferkettengesetz in Österreich am Mittwoch unter #EndlichDonnerstag eine "Mitmach-Bewegung". Komitee-Sprecherin Veronika Bohrn Mena schreibt in einer Aussendung, Konzerne würden erst dann ihre Haltung ändern, wenn ihre Profite bedroht sind. Deshalb sei ein Lieferkettengesetz in Österreich wichtig.

Die Forderung nach einem Lieferkettengesetz ist in Österreich nicht neu, wie DER STANDARD jüngst hier zusammengefasst hat. (luis, APA, 3.3.2021)