Lang lebe die Haltbarkeit. Eingerextes hat in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen Hochsaison.

Foto: Imago

Wien – Kohl hat als Retter der Bevölkerung Tradition. Sei es während der Weltkriege, sei es in strengen Wintern – die lang haltbaren grünen Blätter halfen verlässlich über magere Zeiten hinweg. Seinen Ruf als Armeleuteessen hat er abgeschüttelt. Corona lässt ihn neu erblühen. Seit die Pandemie Österreich fest im Griff hat, wuchs der Konsum an Kohlgemüse hierzulande um ein gesundes Drittel.

Eine Renaissance erlebte im Vorjahr auch das Butterschmalz, erhob die Agrarmarkt Austria, die regelmäßig Einblick in 2.800 Einkaufskörbe der Österreicher nimmt. Seit die von der Krise schwer gebeutelten Wirte über Monate hinweg Sperrstunde haben, kehrt die traditionelle Küche und mit ihr das in Schmalz herausgebackene Wiener Schnitzel in die Haushalte zurück.

Griss um Sauerrahm

Sauerrahm als beliebte Ingredienz von Suppen und Gulasch war ob der großen Nachfrage zeitweise ausverkauft. Auch geriebener Käse boomte, den Nudeln sei Dank. Brotaufstriche hingegen, Freud und Leid in zahlreichen Bürokühlschränken, erfuhren einen herben Rückschlag. Verwaist blieben mitunter Feinkosttheken im Handel. Lust, sich davor in Maskenparaden anzustellen, verspürten nur wenige.

Gewinner der Krise bleibt Essen aus der Dose, das ein sattes Wachstum von 28 Prozent hinlegte. Auch Tiefgefrorenes aus Erdäpfeln schwimmt mit Zuwächsen von knapp einem Fünftel auf der Erfolgswelle. In Summe kaufte 2020 jeder Haushalt im Schnitt 25 Kilogramm Tiefkühlprodukte, Fertigpizza eingerechnet, und damit um drei Kilo mehr als im Jahr zuvor, ließ der Lebensmittelproduzent Iglo am Mittwoch wissen.

Reger Zulauf zu Direktvermarktern

Bei Fleisch greifen die Österreicher vor allem zu Hendl und Faschiertem, die schnelle Küche ohne große Vorkenntnisse erlauben. Alles in allem gab ein Haushalt im Corona-Jahr im Schnitt monatlich 170 Euro im Lebensmittelhandel fürs leibliche Wohl aus. 2019 waren es noch 150 Euro. Neben Supermärkten floss dieses Geld in Märkte, zu Bauern und Gewerbebetrieben wie Fleischern und Bäckern. Mit Zuwächsen von 24 Prozent konnten vor allem Direktvermarkter an Boden gewinnen.

7,8 Milliarden Euro gaben die Österreicher im Vorjahr im Lebensmittelhandel für Frischwaren aus – ein Plus von 14 Prozent. Mit Rabatten sparte dieser quer durch die Sortimente. "Preisaktionen kosten Geld. Der Handel hatte sie im Vorjahr nicht nötig", resümiert AMA-Chef Michael Blass. Denn in Ermangelung anderer Konsummöglichkeiten fehlte es den Supermärkten nicht an Kundenfrequenz.

Einheitsbrei in den Küchen

Mit der Vielfalt ist es in den privaten Küchen allerdings nicht weit her. 30 Prozent der Haushalte gaben in einer Umfrage an, maximal zehn verschiedene Gerichte im Monat auf den Tisch zu bringen. Weitere 30 Prozent variieren bestenfalls 15-mal. Wenig Abwechslung gibt es vor allem in Einpersonenhaushalten und bei Männern in der Küche.

Zeit, im Homeoffice stets frisch zu kochen, finden lediglich elf Prozent der Österreicher. Ein Drittel der verbliebenen 90 Prozent vertraut auf Fertiggerichte, ein Fünftel bedient sich gern eines Lieferservices. Und die Hälfte der Befragten gibt sich regelmäßig mit kalter Jause zufrieden. Immerhin 54 Prozent tauen selbstgekochte Vorräte auf.

Wer sich gezwungenermaßen vermehrt hinter den eigenen Herd stellt, achtet auf höhere Qualität, geht aus den Erhebungen der AMA hervor. Der wertmäßige Anteil an Bioprodukten etwa übersprang im Vorjahr erstmals die Schwelle von zehn Prozent.

Viel guter Wille

Auf ihre Einkaufsgewohnheiten angesprochen, betonen die Österreicher ihre Wertschätzung für Regionalität, österreichische Herkunft und Tierwohl. Was davon nach der Krise übrig bleibt, wird die Zukunft weisen, sagt Blass. Er sei jedoch optimistisch, dass zumindest gewisse Nachhaltigkeit im Konsum weiterlebe. (Verena Kainrath, 3.3.3021)