KMU Forschung Austria hat sich für das Finanzministerium angeschaut, wie die heimischen Unternehmen finanziell durch die Krise gekommen sind.

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Seit fast einem Jahr kämpfen die heimischen Betriebe schon mit der Corona-Pandemie und den Lockdowns. Damit der Wirtschaft nicht die Luft ausgeht, schnürte die Bundesregierung ein milliardenschweres Hilfspaket. Nach Angaben der türkis-grünen Koalition beläuft sich der Schutzschirm auf rund 50 Milliarden Euro. In dieser Summe sind allerdings nicht nur Hilfen für Unternehmen – und einbezogen sind teilweise auch Stundungen, die wieder zurückgezahlt werden müssen.

Das Hilfspaket sei notwendig, richtig und dürfe kosten, was es wolle, betonte die Regierung immer wieder. Nun legte KMU Forschung Austria im Auftrag des Finanzministeriums auch erstmals eine Abschätzung vor, wie sich die Hilfsmilliarden auf die finanzielle Situation der heimischen Betriebe ausgewirkt haben. Das Ergebnis: Auch wenn immer wieder Kritik laut wurde, dass die Hilfen zu langsam bei den Unternehmen ankommen würden, laut der jüngsten Auswertung helfen sie.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) betont regelmäßig, wie groß das österreichische Hilfspaket im europäischen Vergleich ausgefallen ist.
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In die Verlustzone

Anhand von 66.000 früheren Jahresabschlüssen haben die Experten hochgerechnet, wie sich die finanzielle Situation der österreichischen Unternehmen im Jahr 2020 entwickelt hat – und wie sie sich ohne Hilfen entwickelt hätte. Einpersonenunternehmen (EPU) wurden bei der Analyse ausgelassen.

Vor Ausbruch der Pandemie waren beispielsweise rund 20 Prozent der Unternehmen in der Verlustzone. Der Anteil ist im vergangenen Jahr auf rund 27 Prozent gestiegen – ohne Hilfen hätte sich der Anteil abhängig vom Personalabbau auf 40 oder 50 Prozent erhöht, schreiben die Wirtschaftsforscher in ihrer Auswertung.

Laut Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zeigt das nicht nur, dass die Hilfen Verluste abfedern. Es zeige auch, dass es nicht zur Überförderung gekommen sei. Allerdings wurden für die Studie nur Direkthilfen für Unternehmen ausgewertet, nicht aber Steuerstundungen und andere indirekte Hilfen. Kritiker der türkis-grünen Krisenpolitik bringen an, dass manche Unternehmen aufgrund der Direktförderungen finanziell letztlich besser dastehen könnten, als sie es ohne Pandemie würden.

Die Umsatzrentabilität ging im Corona-Jahr trotz wiederholter Lockdowns im Gesamtdurchschnitt von knapp fünf Prozent nur geringfügig auf 4,4 Prozent zurück. Die Kennzahl misst das Verhältnis zwischen dem erzielten Gewinn und dem Umsatz eines Unternehmens.
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Überschuldung kaum gestiegen

Eine nur leicht negative Entwicklung orten die Forscher beim Eigenkapital heimischer Betriebe. Der Anteil der überschuldeten Unternehmen, deren Verbindlichkeiten ihr Vermögen übersteigen, stieg nur geringfügig an: um 0,3 Prozentpunkte auf 20,4 Prozent.

Ohne Hilfsmaßnahmen wäre der Anteil der überschuldeten Betriebe auf 23,8 (bei Personalabbau) bis 29,3 (ohne Personalabbau) Prozent angestiegen. Dass der Anstieg auch in diesem Worst-Case-Szenario nur moderat ausgefallen wäre, führen die Wirtschaftsforscher auf die gute Eigenkapitalsituation der heimischen Betriebe vor Corona zurück.

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Die KMU-Forscher haben zwei Krisenszenarien ohne Hilfen errechnet. In einem halten die Betriebe möglichst viele Mitarbeiter, im anderen bauen sie auch Personal ab. Das ist relevant, weil Mitarbeiter einen großen Teil der Betriebskosten ausmachen und sich deshalb auf die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen auswirken.
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Kommt die Pleitewelle?

Womit die häufig gestellte Frage touchiert wurde, ob nach der Krise eine große Pleitewelle zu erwarten sei. Die KMU-Forscher versuchen die Frage anhand der Kennzahlen laut Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) zu beantworten. Dort wird vermutet, dass Reorganisationsbedarf besteht, wenn die Eigenmittelquote weniger als acht Prozent und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt. Vor Corona lag der Anteil der Betriebe mit vermutetem Reorganisationsbedarf bei 11,3 Prozent – Ende 2020 bei geschätzten 14,3 Prozent.

Allerdings wäre der Anteil ohne Hilfen deutlich nach oben geschnellt, rechnen die Wirtschaftsforscher vor. Je nachdem, ob man Personalabbau annimmt, auf bis zu 28,3 Prozent.

Die Gastronomie ist eine der besonders krisengebeutelten Branchen. Auch viele Hoteliers bangen um ihre Zukunft, wie DER STANDARD berichtet.
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Bei der Interpretation dieser Zahlen ist allerdings höchste Vorsicht geboten. Reorganisationsbedarf bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Unternehmen auch pleitegehen wird. Im Gegenteil: Laut Schätzungen dürften bloß 2,8 Prozent der Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit schlittern. In einem Szenario ohne Hilfen wären es bis zu 7,4 Prozent. Weil unter den untersuchten Unternehmen kleinere Betriebe überrepräsentiert sind, wäre der Beschäftigungsabbau durch Insolvenzen entsprechend kleiner.

Welche Hilfen berücksichtigt wurden

Berücksichtigt wurden in der Auswertung Unternehmenshilfen mit Zuschusscharakter. Also keine Steuersenkungen oder Garantien, sondern Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz. Der Ausfallbonus kann erst seit kurzem beantragt werden. Von rund 30.000 Anträgen seien bereits mehr als 12.000 bearbeitet und ausbezahlt worden, sagte Finanzminister Blümel. Mit Mitte Jänner waren laut Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) rund 27 Milliarden an Hilfen fix zugesagt oder bereits ausbezahlt.

Blümel interpretiert die Zahlen als Beleg dafür, dass Österreich auf dem richtigen Weg sei. Aber abgerechnet werde freilich erst nach der Krise, fügt er an. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. (Aloysius Widmann, 4.3.2021)