Werden wir, wenn die Pandemie eines Tages endet, noch dieselben Menschen sein wie vor der Krise? Welche Veränderungen hat sie in uns bewirkt? Welche Gewohnheiten und Verhaltensweisen, zu denen Corona uns in diesem Jahr gezwungen hat, werden wir behalten, welche nicht? Jeder kann diese Fragen an sich selbst ausprobieren. Hier sind ein paar Beispiele.

Seit die Restaurants und Kaffeehäuser zu sind, haben viele Lokale Take-away-Dienste eingeführt. Das war in den USA längst üblich, in Österreich aber nicht. Man ließ sich allenfalls eine Pizza oder etwas vom Chinesen liefern. Aber ein komplettes Menü? Schweinsbraten, Schnitzel, Krautfleckerln? Heute ist das nichts Ungewöhnliches mehr. Dass man in der eigenen Wohnung zum Mittagessen eingeladen wird, weil der Gast das Essen mitbringt, haben viele schon erlebt.

Wenn die Sonne scheint, sitzen die Menschen im Park, wie hier im Burggarten.
Foto: APA/HANS PUNZ

Auch neu: Kaffeeausschank im Park. Lange Schlangen vor den mobilen Kaffeeküchen. Wenn die Sonne scheint, sitzen die Menschen auf den Bänken und trinken aus Plastikbechern ihren Nachmittagsespresso. Viele, die vorher gern ins Kino gegangen sind, haben sich zu Fans von Fernsehserien gewandelt. Und wer es gewohnt war, im Kaffeehaus die Zeitungen zu lesen, hat seine Lieblingsblätter nun abonniert. Wird das so bleiben?

Noch gravierender ist der Wandel in unserem Konsumverhalten. Nicht wenige haben den Lockdown benutzt, um ihre Kleiderkästen und Geschirrschränke durchzuforsten. Braucht man all das Zeug wirklich? Alle diese ewig nicht getragenen Röcke, Hosen, Pullover? Und wozu drei verschiedene Teeservice?

Gewaltige Herausforderungen

Die karitativen Organisationen registrieren große Zuwächse bei den Sachspenden. Möglich, dass wir wieder in die Läden strömen werden, wenn diese wieder auf Normalbetrieb umschalten. Möglich aber auch, dass der Einkaufsbummel und die Shoppingreise auf Dauer an Attraktivität verlieren. Ebenso wie die vielen Dienstreisen zu Konferenzen und Meetings, weil viele Unternehmen herausgefunden haben, dass Schaltgespräche billiger und oft ebenso effektiv sind.

Gewiss, das sind Kleinigkeiten im Vergleich zu den gewaltigen Herausforderungen, die die Wirtschaftskrise mit sich bringt und noch bringen wird. Luxussorgen der Privilegierten. Der Lockdown hat die Unterschiede zwischen Armen und Reichen, Betroffenen und Nichtbetroffenen erschreckend verschärft. Manche leben beinahe wie bisher, andere haben plötzlich gar nichts.

Die deutsche Politikwissenschafterin Ulrike Guérot spricht von der "Geiselhaft", in die der Staat die Mehrheit der Bevölkerung genommen hat, um eine Minderheit, die Alten, zu schützen. Und der Falter-Herausgeber Armin Thurnher plädiert für einen zeitlich begrenzten "Krisensozialismus", in dem die Lasten gleichmäßiger verteilt werden sollen.

Von der Krise weniger Betroffene wie Pensionisten mit Pensionen von über 2000 Euro und Beamte sollten einen Beitrag zugunsten jener leisten, die durch die Krise um ihr Einkommen gebracht worden sind. Radikal, aber bedenkenswert.

Noch sind wir mitten in der Pandemie. Aber schon heute lässt sich absehen, dass wir auch nachher anders leben werden als bisher. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 4.3.2021)