Gegen den Wirtschaftsprüfer EY wird im Wirecard-Skandal ermittelt. Nun steht die Kompetenz als Abschlussprüfer auf dem Spiel.

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Der tiefe Fall von Wirecard hat für viele Betroffene Folgen. Anleger haben Milliarden mit den Aktien von Wirecard verloren, tausende Mitarbeiter ihre Jobs. Ex-Wirecard-Chef Markus Braun sitzt nach wie von in U-Haft, sein Co-Chef Jan Marsalek ist auf der Flucht.

Die deutsche Aufsicht Bafin und der Wirtschaftsprüfer EY stehen seit der Insolvenz von Wirecard ebenfalls hart in der Kritik. Wie es sein kann, dass weder Aufseher noch Prüfer beim Geschäftsverlauf von Wirecard stutzig geworden sind und bestimmte Vorhänge nicht hinterfragt wurden, ist auch Gegenstand von Ermittlungen und wird im laufenden U-Ausschuss debattiert.

Für die Prüfungsgesellschaft EY droht nun aber ein weiterer und viel weitreichenderer Ärger. Nach dem Wirecard-Skandal untersucht die Bafin nämlich, ob es überhaupt angemessen ist, dass EY weiterhin die Jahresabschlüsse deutscher Finanzkonzerne prüft. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Florian Toncar hervor, aus der das "Handelsblatt" zitiert. Dem Schreiben zufolge analysiert die Bafin, ob eine Prüfung der von ihr beaufsichtigten Unternehmen durch EY möglicherweise "die Erreichung des Prüfungszwecks gefährdet". Damit geht es um die grundsätzliche Eignung von EY als Abschlussprüfer von Finanzdienstleistern. Die Bundesregierung gibt hier ein generelles Misstrauensvotum gegen EY ab, sagt Toncar (FDP).

Schwerer Schlag

Sowohl für die Reputation wie auch für das Geschäft von EY wäre es ein schwerer Schlag, wenn die Aufsicht am Ende begründete Zweifel an der Qualität der Arbeit feststellte. Ob es dazu kommt, ist offen. Die Untersuchung ist laut "Handelsblatt" noch nicht abgeschlossen.

EY hatte die Bilanzen von Wirecard jahrelang geprüft und uneingeschränkt testiert. Im vergangenen Sommer kollabierte der Zahlungsdienstleister, weil Umsätze und Barmittel in der Höhe von 1,9 Milliarden Euro scheinbar nie existiert haben. Dass dieser Umstand so lange nicht aufgeflogen ist bzw. von Wirecard gut überspielt werden konnte, überrascht viele.

Seit dem Zusammenbruch vom Wirecard im Juni 2020 wird die Arbeit der gesamten Wirtschaftsprüferbranche hinterfragt. "Wir müssen verlorenes Vertrauen wieder aufbauen", sagt der neue Deutschland-Chef von Deloitte, Volker Krug, zum "Handelsblatt". Am Donnerstag berät der Bundestag über die schärfere Regulierung der Wirtschaftsprüfer.

Auch an der Bafin ging der Skandal nicht spurlos vorüber. Bafin-Chef Felix Hufeld musste gehen, die Strategie der Aufsicht wurde verschärft.

Für Spannung in der Causa ist jedenfalls gesorgt: Am 23. April soll Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im U-Ausschuss Rede und Antwort stehen. Einen Tag zuvor, am 22. April, ist Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geladen. Die Politik soll sich bei Auslandsreisen für Wirecard eingesetzt haben. (bpf, 3.3.2021)