Das ist ein gefundenes Fressen für die Opposition: Ein Unternehmen, namentlich Hygiene Austria, mit familiären Banden ins Kanzleramt soll im großen Stil chinesische FFP2-Masken umetikettiert und als "made in Austria" verkauft haben. Seit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zwei Standorte der von Palmers und Lenzing gegründeten Firma gefilzt hat, sollte aber weniger Sippenhaftung betrieben als vielmehr die politisch forcierte Renationalisierung von Produktionen hinterfragt werden.

Hygiene Austria soll im großen Stil chinesische FFP2-Masken umetikettiert und als "made in Austria" verkauft haben.
Foto: Veronika Huber

Bei dem Thema lohnt ein Blick ins Vorjahr: Als China wegen der Pandemie die Schotten dichtmachte und bald auch der innereuropäische Warenverkehr fast zum Erliegen kam, waren die Folgen massiv. Die Unterbrechung der Lieferketten gefährdete die Weiterverarbeitung in vielen Werken und damit die Versorgung, wurde die Wertschöpfung doch in den letzten Jahrzehnten immer globaler ausgerichtet. Höhepunkt der Handelsstörungen waren dann noch protektionistische Manöver: Man erinnere sich nur an die Blockade einer für Österreich gedachten Lieferung von Schutzausrüstung durch Deutschland.

Kein Wunder, dass Regierungen – auch die österreichische – in dieser Phase eine bessere Selbstversorgung angingen. Das betrifft vor allem den medizinischen Bereich. Doch bald dominierte Populismus die Vorhaben. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck beispielsweise drohte mit einem Veto gegen den geplanten Verkauf der Produktion medizinischer Handschuhe durch den heimischen Konzern Semperit. Dass die Waren in Malaysia hergestellt werden, der Österreich-Bezug also ohnehin überschaubar ist, spielte keine Rolle.

Internationale Arbeitsteilung

Bei Hygiene Austria war die Politik zumindest indirekt involviert. Die Betriebsgründung wurde beschleunigt, die Eröffnung von der Regierung gefeiert, Ware abgenommen. Masken aus Österreich – das verkauft sich auch politisch gut. Nun kann die Koalition nichts für die mutmaßlichen Vergehen des Unternehmens, die ja energisch bestritten werden. Klar ist aber schon: Wenn die internationale Arbeitsteilung wieder auf vollen Touren läuft – und dadurch hunderte Millionen Menschen dem Elend entwachsen –, tun sich rot-weiß-rote Anbieter gerade in der Massenproduktion von Billigware schwer. Preisdruck kann den angeblichen Betrug und Schwarzarbeit klarerweise nicht rechtfertigen, doch die dahinterstehenden Marktmechanismen sollten nicht ausgeblendet werden.

Die Regierung hat sich die Renationalisierung auch in anderen Bereichen auf die Fahnen geheftet. Hier will die Politik die Fortführung des MAN-Werks in Steyr ermöglichen, da wird eine Zuckerfabrik vor dem Aus bewahrt. Landwirtschaft steht nicht ganz zufällig weit oben auf der Rettungseinsatzliste der Volkspartei. Das wirkt alles – apropos Zucker – wie Kraut-und-Rüben-Politik. Welche strategischen Bereiche hierzulande unterstützt werden, blieb bisher undefiniert. Mal steht ein Kaffeehaus in der Gunst, manchmal ein Pharmakonzern. Welche Summen wofür fließen, bleibt ein Staatsgeheimnis.

Die Ambitionen negieren obendrein, dass Österreichs Wohlstand stark auf Exporten basiert, die wiederum von freien Märkten leben. Versorgung kann mit entsprechender Bevorratung auch ohne "made in Austria" gesichert werden. Und ganz ohne Maskerade. (Andreas Schnauder, 3.3.2021)