Mit den teuren Investitionen in das neue 5G-Netzwerk haben die drei großen Mobilfunkanbieter A1, Magenta (Bild) und "3" ihre Preiserhöhungen zum Teil rechtfertigt.

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Anfang März erhöhen die größten Mobilfunkanbieter Österreichs nahezu gleichzeitig ihre Preise oder stellen ihre Tarife um. Die Bundeswettbewerbsbehörde wurde hellhörig und sprach von "schiefer Optik", leitete mangels Anfangsverdachts bisher allerdings kein Verfahren gegen die Branchenvertreter ein. A1, Drei und Magenta dementieren, sich bei der Preisgestaltung abgesprochen zu haben.

Die Frage, ob ein Kartellrechtsverstoß oder schlichtes "Parallelverhalten" von Marktteilnehmern vorliegt, stellt Behörden aber oftmals vor schwierige Beweisfragen.

Das Kartellrecht verbietet Unternehmen bestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken. Zuständig für die Ahndung bei Verstößen ist in Österreich die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), auf EU-Ebene die Europäische Kommission.

Das Kartellverbot ist grundsätzlich immer dann anwendbar, wenn Absprachen den Wettbewerb beeinträchtigen. "Es gibt zwar Ausnahmen für sogenannte Bagatellkartelle, also für Absprachen zwischen Unternehmen mit sehr niedrigen Marktanteilen, allerdings greifen diese Ausnahmen nicht, wenn etwa Verkaufspreise festgesetzt oder Märkte aufgeteilt werden", sagt Viktoria Robertson, Professorin für Kartellrecht an der WU Wien und der Universität Graz. Auch Einzelfreistellungen seien grundsätzlich möglich, allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen, die bei Preisabsprachen regelmäßig nicht vorliegen.

Abgestimmtes Verhalten

Das Kartellgesetz verbietet nicht nur wettbewerbsschädigende Vereinbarungen zwischen Unternehmen, sondern auch "abgestimmte Verhaltensweisen". Für das Vorliegen einer "Vereinbarung" im Sinne des Gesetzes reicht bereits eine schlüssige Willensübereinstimmung. Es genügt also, dass zwei oder mehrere Unternehmen unausgesprochen darüber übereinkommen, eine wettbewerbsschädliche Vereinbarung abzuschließen.

Noch niedriger liegt die Schwelle bei den "abgestimmten Verhaltensweisen": Sie können schon dann vorliegen, wenn eine Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen das Ziel hat, entweder das Verhalten eines Wettbewerbers zu beeinflussen oder den anderen Marktteilnehmer über die eigene geplante Vorgangsweise zu informieren.

Dafür genügt bereits eine einseitige Informationsübermittlung mit Zustimmung des Adressaten. Denn oftmals ist es gerade der Zweck einer derartigen Mitteilung, dem Wettbewerber eine Anpassung des eigenen Verhaltens am Markt zu ermöglichen. Der Begriff der "abgestimmten Verhaltensweise" dient gewissermaßen als "Auffangnetz", sagt Robertson. Allerdings muss dabei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Abstimmung und dem tatsächlichen Marktverhalten bestehen.

Unter Umständen können sogar öffentliche Mitteilungen eines Unternehmens eine abgestimmte Verhaltensweise darstellen. So meinte etwa die niederländische Wettbewerbsbehörde im Jahr 2014, dass öffentlich gemachte Aussagen von Mobilfunkanbietern über geplante Preisänderungen zu kartellrechtlichen Risiken führen können. Branchenvertreter verpflichteten sich schließlich dazu, derartige Mitteilungen zu unterlassen.

Beweisschwierigkeiten

Dass Wettbewerber ihr wirtschaftliches Handeln auch autonom aneinander anpassen, liegt in der Natur des Markts. Eine zeitgleiche Preisänderung muss daher nicht notwendigerweise einen Verstoß gegen das Kartellverbot darstellen.

Laut Robertson sei es allerdings äußerst schwierig, abgestimmte Verhaltensweisen von legalem Parallelverhalten abzugrenzen: "Reines Parallelverhalten kann sich etwa daraus ergeben, dass bestimmte Rohstoffe teurer werden: Steigt der Preis für Kaffeebohnen, so ist es schlüssig, dass auch alle Kaffeehäuser den Preis für meinen Cappuccino relativ zeitgleich anheben."

Bei einem so konzentrierten Markt wie der österreichischen Mobilfunkbranche komme hinzu, dass die drei Netzbetreiber das Wettbewerbsverhalten der zwei übrigen Mitbewerber sehr einfach beobachten können. "Diese Transparenz erleichtert natürlich ein Parallelverhalten enorm", sagt die Expertin.

Gibt es für das Marktverhalten eine andere plausible Erklärung als die Abstimmung der Verhaltensweisen, gilt gewissermaßen eine "Unschuldsvermutung". Daher stehen die Wettbewerbshüter oft vor Beweisschwierigkeiten. Laut Robertson könne die Behörde jederzeit Auskünfte von Unternehmen verlangen.

Schöpft sie begründeten Verdacht, dass ein Verstoß vorliegt, kann sie zudem beim Kartellgericht eine Hausdurchsuchung beantragen. Auch Kronzeugen oder Informationen, die über das anonyme Whistleblowing-System an die Behörde gespielt werden, können Ermittlungen erleichtern.

Die zeitgleichen Preiserhöhungen am österreichischen Mobilfunkmarkt geschehen nicht zum ersten Mal, sagt Robertson: "Umso eher gilt es ganz genau hinzusehen, auf welcher Basis die Preiserhöhungen diesmal erfolgt sind. Nur eine eingehende Untersuchung kann aufzeigen, ob es sich hier tatsächlich um reines Parallelverhalten handelt oder ob ein Verstoß vorliegt." (Jakob Pflügl, 4.3.2021)