An den Zirkus-Glamour erinnern derzeit nur die Kostüme der jungen Artistinnen. Simon (links) und Rosalinde Köllner (rechts) bangen um den Fortbestand ihres Lebenswerks, des Zirkus Simoneit Aron.

foto: thomas neuhold

"Es ist uns ja so peinlich, und wir schämen uns auch, dass wir auf Spenden angewiesen sind. Aber unsere Situation lässt uns keinen anderen Ausweg": Rosalinde Köllner, resolute Chefin des Zirkus Simoneit Aron, steht die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Seit November steht der Zirkus im Gewerbegebiet Weitwörth im Salzburger Flachgau, das Grundstück wird der 15 Köpfe zählenden Familie und ihren etwas mehr als 30 Tieren vom Besitzer gratis zur Verfügung gestellt.

Die Gemeinde hilft mit Strom und Wasser aus, Bauern haben Heu gespendet, auch das nahe gelegene Tierasyl Gut Aiderbichl unterstützt den Zirkus mit Futter für die Pferde, Kamele, Esel und Ziegen. Der STANDARD hat berichtet. Die Familie selbst lebt von Nahrungsmittelspenden aus der Bevölkerung und von der Tafel in Oberndorf. Auch ein paar Geldspenden sind – nicht zuletzt nach Berichten in einigen Medien – eingetrudelt.

Versicherungen, Pickerl und Reparaturen

Irgendwie hat man den ersten Lockdown im Frühjahr in der Steiermark überdauern können, dann kamen ein paar Vorstellungen, für die man tausende Euro in Hygienekonzepte investierte. Dann kam das aktuell geltende Veranstaltungsverbot. Viele kleinere Ausgaben etwa für den Hufschmied haben man gerade noch mit den Spenden begleichen können. "Finanziell sind wir jetzt aber am Ende", sagt Zirkuschefin Köllner. Deshalb habe sie sich auch noch einmal an den STANDARD gewandt.

Spendenaufruf des Zirkus Simoneit Aron.

Selbst wenn im Mai wieder Vorstellungen möglich sein sollten, der Zirkus könne eigentlich nicht starten, sagt Köllner, deren Familie in der inzwischen achten Generation mit einem Zirkus durch die Lande fährt. Die kommenden Ausgaben übersteigen mangels Einnahmen aus dem Vorstellungsgeschäft die Möglichkeiten, die wenigen Rücklagen habe man im Sommer für die letztlich nutzlosen Hygienevorgaben verbrauchen müssen.

Insgesamt dürften rund 11.000 Euro fehlen, sagt Köllner. Mit dieser Summe könnten die Betriebshaftpflichtversicherung, das Pickerl für die zwei Zugmaschinen, die Versicherung für den Fuhrpark und notwendige Fahrzeugreparaturen beglichen werden.

Bisher keine Unterstützung

Wie sie das Geld – außer über Spenden – aufbringen soll, weiß sie nicht. Öffentliche Unterstützung habe sie, wie die meisten ihrer Kollegen, bisher nicht erhalten: "Wir sitzen als Deutsche, die hauptsächlich in Österreich auftreten, zwischen den Stühlen." Ihre Kollegen, die in Deutschland auftreten, würden wenigstens Hartz IV bekommen. In Österreich fühle sich für sie als deutsche Staatsbürger niemand zuständig, in Deutschland niemand, da sie in Österreich auftreten.

Was sie tun will, wenn es finanziell im April oder Mai gar nicht mehr geht? Köllner hat keine Ahnung: "Wer kauft schon einen Zirkus?" Und auch die Tiere stellten keinen Wert dar, einige der älteren Pferde beispielsweise seien "nur mehr auf Rente dabei". Also hofft sie weiter auf Spenden.

Wirtschaftskammer will aktiv werden

Neben der Hoffnung auf Spenden ist im Zuge der STANDARD-Recherche dann doch noch ein kleiner Hoffnungsschimmer aufgetaucht. Um in Österreich überhaupt auftreten zu können, muss der Zirkus Mitglied der Wirtschaftskammer sein. Im vorliegenden Fall gleich dreimal: Salzburg, Oberösterreich und Steiermark, sagt Köllner.

In der Salzburger Wirtschaftskammer zeigt sich der zuständige Obmann der Fachgruppe Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe, Manfred Stampfer, auch bereits informiert. Man habe den Kammerbeitrag für Simoneit Aron auf ein Minimum reduziert, sagt Stampfer. Er ist selbst von Beruf Schausteller und mit den Problemen der Branche bestens vertraut. Er werde jedenfalls noch diese Woche dem Zirkus einen Besuch abstatten und über mögliche Hilfsmaßnahmen reden. (Thomas Neuhold, 4.3.2021)