Die Schließung der Bildungseinrichtungen war vor allem für Frauen ein riesiges Problem, so Klaudia Frieben.

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Wien – Die aktuelle Krise "wurde und wird von den Frauen getragen, sie selber haben aber nichts davon". Die Entwicklungen des letzten Jahres "waren für die Frauen fatal", sagt Frauenring-Vorsitzende Klaudia Frieben im APA-Interview anlässlich des bevorstehenden Frauentags. Frauenanliegen und Errungenschaften seien um Jahre zurückgeworfen worden. "Es war ein absoluter Backlash", so Frieben, die einen dringenden Handlungsbedarf ortet und von der Politik Taten verlangt.

"Die Gesundheitskrise, die sich auch zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise entwickelt hat, wird zu einem großen Teil auf dem Rücken der Frauen ausgetragen." Die Schließung der Bildungseinrichtungen "war für Frauen ganz massiv", hinzu kamen Kurzarbeit oder Verlust des Arbeitsplatzes. "Und dort, wo nicht geschlossen wurde, wurde die Gesellschaft von Frauen am Leben erhalten, etwa im Handel, der Pflege und in der systemrelevanten Produktion."

Existenzgrundlage weggebrochen

Die Pandemie sei für Frauen in Summe eine "Katastrophe" und die Auswirkungen würden uns noch Jahr anhängen. Viele Frauen sind aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen, andere haben die Arbeitszeit reduziert. Vielen Selbstständigen wie Masseurinnen, Fußpflegerinnen, Pflegerinnen und Sexarbeiterinnen sei die Existenzgrundlage komplett weggenommen worden. Diese Einkommensverluste schlagen dann voll in den Pensionsberechnungen durch. "Die Politik muss sich hier was überlegen, dass die Frauen von heute nicht die Armen von morgen werden", so Frieben.

"Die Frauen sind die größten Verlierer der Krise, das kann man ganz ungeschönt sagen. Sie haben die Krise getragen, haben selber aber nichts davon." Frieben kritisiert, dass das Thema Frauen im vergangenen Krisenjahr in der Politik überhaupt nicht vorgekommen und völlig unterbelichtet geblieben sei. Die Frauen seien alleine gelassen und in den häuslichen Bereich zurückgedrängt worden, "nach dem Motto, die Frauen sollen selber schauen, wie sie weiter kommen."

Forderungen nach neuem Familienhärtefonds

Frieben fordert, dass Frauen ökonomisch abgesichert werden, es brauche Geld für Umschulungen und Weiterbildungsangebote und es müsse der Familienhärtefonds neu aufgelegt werden, denn eine Einmalzahlung für drei Monate würde bei weitem nicht reichen. Zudem verlangt sie ein höheres Arbeitslosengeld, denn für Frauen, die aus der Teilzeit arbeitslos werden, sei die Ersatzrate von 55 Prozent des Letztverdienstes viel zu wenig. Weiters solle der Familienbonus in Höhe von 1.500 Euro allen Kindern zugutekommen und nicht nur jenen, deren Eltern genug verdienen, um diesen steuerlich lukrieren zu können. Besonders wichtig seien Weiterbildung und Qualifizierung, denn am Arbeitsmarkt seien viele Perspektiven weggebrochen.

Zukunftsperspektiven

Zu all diesen Problemen kam in der Pandemie auch noch verstärkte häusliche Gewalt dazu und die zusätzliche Schwierigkeit, dass viele Frauen aufgrund des Lockdowns nicht die Möglichkeit zur Flucht in ein Frauenhaus gehabt haben. Die Frauenhotlines würden einen "massiven Anstieg" verzeichnen, berichtet die Frauenring-Vorsitzende. Auch hier braucht es laut Frieben deutlich mehr Geld. Überhaupt bräuchte es zur Umsetzung der Gewaltschutz-Empfehlungen der Istanbul-Konvention jährlich 210 Millionen mehr.

Es sei wichtig zu überlegen, wie die Zukunft aussieht, vor allem für Frauen. Neben der Weiterbildung brauche es mehr Angebote für Kinderbetreuung und ordentliche Arbeitsstiftungen, um Frauen im gesicherten Umfeld umzuschulen. "Die Politik ist massiv gefordert, dass die Frauen nicht in die Armut abrutschten", so Frieben. (APA, 3.4.2021)