"Es geht um alles. Wir müssen diesen Kampf gewinnen." Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, gilt in progressiven Kreisen nicht als ausufernde Befürworterin weitreichender Gesetzesvorhaben. Doch wenn es um H.R.1 geht, greift sie zu starken Worten.

Die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi vor dem Kapitol in Washington.
Foto: AFP/ALEX WONG

Die Republikaner tun es ihr gleich. Man müsse derartige Vorhaben stoppen, sonst "gewinnen wir nie wieder eine Wahl", haben Ex-US-Präsident Donald Trump und andere hochrangige Vertreter der Partei mehrfach fast wortgleich gewarnt.

Das ist kein Wunder, denn beim Wahlrechtsgesetz H.R.1 geht es tatsächlich ums Eingemachte. Wer darf in den USA die Stimme abgeben – wer wird daran gehindert? Worauf es bei den meisten Demokraten klare Antworten gibt – möglichst alle, möglichst niemand –, ist in Washington für beide Parteien zu einer existenziellen Auseinandersetzung geworden.

Die Demokraten haben das Gesetz eingebracht. Sie werfen den Republikanern vor, das Wahlrecht einzuschränken. Weniger Wahllokale in jenen Bezirken, wo viele Mitglieder von Minderheiten wohnen; taktisch designte Wahlkreise; immer strengere Ausweispflichten; höhere Hürden bei der Registrierung als Wähler. Das sind die Maßnahmen. Die Republikaner antworten, ohne diese Regeln komme es zu Wahlbetrug. Trotz vieler Studien lässt sich dafür kein Beleg finden.

Wahrscheinlich wird das Gesetz trotzdem scheitern. Dies, weil zum Erfolg eine Mehrheit von 60 der 100 Senatoren nötig ist, so wollen es die Filibuster-Regeln. Dabei hätten es die Demokraten trotz ihrer knappen Mehrheit von 50 Sitzen in der Hand, die Senatsregeln zu ändern und eine Abstimmung mit einfacher Mehrheit zu ermöglichen. Ironie: Sie zögern, weil sie fürchten, nach der nächsten Wahl selbst auf den Filibuster angewiesen zu sein. Dafür freilich steigen gerade mit der Aushöhlung des Wahlrechts nun wirklich die Chancen. (Manuel Escher, 4.3.2021)