Der Wiener und die Wienerin sind nahe am Wasser gebaut. Das ist gut zu beweisen. Das Wiener Lied, mit seiner oft dem Tod oder der Himmelfahrt gewidmeten letzten Strophe, rührt beispielsweise zu Tränen. Des Weiteren ist Wien von unterirdischen Bächen durchzogen und von Flüssen und Kanälen durch- sowie umströmt.

Petra Götz-Frisch mit einem Wildfang aus dem Attersee, einer Seeforelle, ungelogen fast vier Kilo schwer.
Foto: Der Standard

Die dritte Beweisführung ist an der Freude der Wienerinnen und Wiener am Verzehr alles Fischlichen festzumachen. Quasi immer schon werden die Nordsee-Bistros gestürmt, wo Dorsch und Mayonnaise ihre Liebhaber finden. Die Nordsee ist die Aida für Fischfreunde. Auch der Naschmarkt bürgt natürlich seit jeher für Fischgenuss vor Ort, und die kleinen, mobilen Biofischstandln sind auf den bestfrequentierten Märkten der Stadt präsent. In den letzten Jahren kamen dann noch einige neue Fischgeschäfte mit Bistrobereich dazu.

So zum Beispiel das Goldfisch in der Lerchenfelder Straße 16 in St. Ulrich am Lerchenfeld. Schnell baute es sich eine Fangemeinde auf, für die das Goldfisch die erste Adresse für feinen Fisch- und Meeresfrüchtekonsum in ansprechendem Rahmen darstellt. Leichte, kreative und immer kunstvoll angerichtete Gerichte aus Fisch, Weich- und Krustentier werden hier an den wenigen Tischen geradezu kontemplativ verzehrt. Die Weinauswahl dazu ist mindestens so beachtlich wie die Rohware zum Einkauf.

Bis zur Mündung

Folgte man dem unterirdischen Ottakringer Bach über die Wien bis zur Mündung in den Donaukanal, so kann man dort in die Praterstraße übersetzen und zur entzückenden Fischerie spazieren. Dort warten in erster Linie Süßwasserfische aus Österreich auf ihre Kunden, sei es zubereitet, als Delikatesse oder roh. Zurzeit im Umbau, kann man sich nur frische Fische und Garnelen abholen, ab Mitte März wird dann der Bistrobereich wieder eröffnet sein. Die Anrainerschaft kann es nicht erwarten.

Kaum zehn Minuten zu Fuß entfernt hat vor rund zwei Monaten am Karmelitermarkt ein kleines Fischgeschäft eröffnet, das für ein Rauschen im Blätterwald gesorgt hat. Niemand anderer als der Koch Peter Zinter hat dort, mit Eishken Estate als exklusivem Partner, das Lieblingsfisch aufgesperrt. Die beste verfügbare Ware in Wien und ein fantastischer Koch garantieren hier neue Maßstäbe in Sachen Fischgenuss. Da kommt nach dem Lockdown etwas Gewaltiges auf uns zu.

Das Goldfisch ist eine der besten Adressen für guten Fisch in Wien.
Foto: Der Standard

Kanalaufwärts

Donaukanal-aufwärts, dann unterirdisch ein Stück den Alsbach hinauf und rechts den Währinger Bach entlang gelangt man zum Kutschkermarkt und zu Suat Takans Fischgeschäft mit Gastronomie. Takan’s Delikatessen wurde komplett von seinen Kunden überrollt. Ursprünglich wollte Takan nur ein wenig Fisch und Meeresfrüchte zusätzlich zu seiner Feinkost anbieten, roh wie zubereitet. Doch die Nachfrage veränderte seinen Marktstand nachhaltig hin zu einem kleinen Fisch- und Meeresfrüchtebistro, wo Austern und Prosecco niemals ausgehen. Dort spannend zu beobachten: Beim anderen Fischhändler mit Bistro, nur ein paar Meter weiter den Markt hinunter, riecht es immer sehr intensiv nach Fisch – bei Suat Takan nie.

Über den Bach

Um zum nächsten kleinen Fischgeschäft mit Bistro attached zu gelangen, muss man erst den Alsbach, dann den Ottakringer Bach überqueren, folgt dem Ameisbach bis zur Wien, dort geht es flussaufwärts den Hackinger Mühlbach entlang bis zum Marienbach, der einen letztendlich nach Ober St. Veit führt, hin zum Kalkalpenfisch. Dieses Geschäft bezieht seine Frischware aus dem Mostviertel, wo Regenbogen- und Lachsforellen neben Seesaiblingen in von Quellwasser durchströmten Zuchtbecken zur Schlachtreife herangefüttert werden. Die Haltung sei artgerecht und sorge für höchste Qualität. Verarbeitet werden aber auch Karpfen und Welse aus Niederösterreich und Alpengarnelen aus Tirol.

Das Geschäft ist eine bessere Theke mit einer Küche im Nebenraum, angeboten werden Fischsuppen, Fish and Chips vom Wels, gebackener Karpfen oder Saibling mit Rotkraut. Vorsicht, nur acht Sitzplätze auch nach dem Lockdown – wobei: In der Schlange stehen sind wir ja mittlerweile gewöhnt. (Gregor Fauma, 5.3.2021)