Kleine Kinder – insbesondere die eigenen – sind sehr lieb, aber fast genauso anstrengend. Eine aufgeräumte Wohnung? Großartig. Leider viel Arbeit. Job und Familie vereinbaren – spitze! Bloß ziemlich erschöpfend. Mütter und Väter haben es nicht leicht. Ein einziges Einkommen erhält mehrere Menschen in der Regel nicht. Und ja, man kann immer so tun, als würde man bloß über ein allgemeines Phänomen berichten, aber ich gebe es freimütig zu: Ich bin müde.

Der Gender-Pay-Gap ist vor allem auch ein Motherhood-Pay-Gap.
Foto: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Die Woche rund um den Weltfrauentag wird gern dafür genutzt, um auf die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft hinzuweisen: Frauen verdienen weniger. Sogenannte Frauenberufe sind per se schlechter bezahlt. Frauen sind in Führungsfunktionen unterrepräsentiert und sitzen seltener in Vorständen. Und das, obwohl in Österreich inzwischen mehr Frauen als Männer ein Studium abschließen. Bürgermeisterinnen sind rar, eine Bundespräsidentin gab es hierzulande sowieso noch nie. Die Liste lässt sich noch lange fortsetzen. Wir wissen das aber leider ohnehin alle längst.

Politisch wird je nach Zusammensetzung der Regierung mal an kleineren oder größeren Schrauben gedreht. Sehr, sehr langsam schließt sich die rostige Schere auch. Aber man muss es ganz klar formulieren: Maßgeblich ändern wird sich nichts, bis Väter bereit sind, von der Geburt eines Kindes bis zu dessen 18. Lebensjahr die Hälfte der Familienarbeit zu übernehmen – oder gar mehr. Das müsste der Normalfall sein, für Frauen, Arbeitgeberinnen, auch für die Typen am Stammtisch, die ihre Freunde mit markigen Sprüchen beeinflussen.

Motherhood-Pay-Gap

Der Gender-Pay-Gap ist vor allem auch ein Motherhood-Pay-Gap. Mütter verdienen nicht nur weniger als Männer, sondern auch als kinderlose Frauen. Wer geht in Karenz oder bleibt zumindest deutlich länger daheim? Wer arbeitet Teilzeit, um rechtzeitig zum Kindergarten zu kommen? Wer kümmert sich mehr um den Haushalt? Es ist die Mama, fast immer, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt.

Die Corona-Krise verschärft das Problem, das zeigen auch Studien. Die Pandemie führt zu einem zusätzlichen "Backlash". Weil Frauen viel eher die Arbeitszeit herunterschrauben und im Homeoffice nebenbei Lehrerinnen spielen und Buttersemmeln schmieren. Das alles ist ein strukturelles Problem, ohne Frage. Aber jeder Einzelne kann etwas dagegen tun.

Männer sollten hinterfragen, ob es in ihrem Job "einfach wirklich nicht geht", in Karenz zu gehen oder die Arbeitszeit zu reduzieren. Väter – und Mütter – können ihre Mädchen zu starken Frauen erziehen, aber vor allem auch ihren Söhnen beibringen, dass starke Männer sich um ihre Familien und den Haushalt kümmern. Man kann auch als Opa und Bruder und Onkel ein gutes Vorbild sein – oder zumindest zugeben, dass man ein schlechtes war. Man kann miteinander reden und alte Muster neu verhandeln in einer Beziehung.

Der Weltfrauentag kommt und geht mit Lob, Sträußen und Appellen. Ein System ändert sich aber nicht sprunghaft am 8. März, sondern kontinuierlich – in den 364 Tagen dazwischen.(Katharina Mittelstaedt, 5.3.2021)