Führungskräfte sehen siebenmal häufiger negative Auswirkungen auf Frauenkarrieren durch die aktuelle Krise, Mitarbeitende sogar neunmal häufiger.

Foto: imago images/Ikon Images

Zum diesjährigen Weltfrauentag mehren sich die unguten Nachrichten zum Thema Gleichstellung und Teilhabe von Frauen am Erwerbsprozess. Die Corona-Krise hat für Frauen dramatischere wirtschaftliche Folgen als für Männer, berichten aktuell etwa Bernhard Kittel und Thomas Resch vom Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Sie werden dadurch länger und nachhaltiger arbeitslos. Das hat auch psychische Folgen, zum Beispiel ein erhöhtes Risiko für Depressionen, erklären sie in einer Aussendung des Vereins Diskurs – das Wissenschaftsnetz.

Foto: DER STANDARD

Mehr Kurzarbeit

Nach Daten, die die beiden Forscher im Rahmen des Austrian Corona Panel Projects (ACPP) der Uni Wien erhoben haben, wurden 7,3 Prozent der Frauen im ersten Lockdown im April 2020 arbeitslos, bei den Männern waren es 4,8 Prozent. Frauen wurden auch öfter in Kurzarbeit geschickt, nämlich 27,4 Prozent gegenüber 23,1 Prozent der Männer. Nach dem Lockdown, nämlich im Juli, lagen beide Geschlechter bei der Kurzarbeit gleichauf (Frauen: 19,9 Prozent, Männer: 19,4 Prozent), es waren aber immer noch 7,0 Prozent der Frauen ohne Arbeit, ein doppelt so hoher Prozentsatz wie bei den Männern (3,2 Prozent).

"Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und der Maßnahmen zu deren Bekämpfung haben also Frauen schwerer getroffen als Männer", so Kittel. Dass damit auch im Verlauf vermehrte finanzielle Abhängigkeit einhergehen wird, liegt auf der Hand. Aktuell erhebt die Erste Bank, dass die durchschnittliche Frauenpension in Österreich bei 1064 Euro im Monat liegt. 30 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter benötigen derzeit die finanzielle Unterstützung ihres Partners. Bei Männern sind das nur 14 Prozent. Dass rund 50 Prozent der Frauen aktuell in Teilzeitbeschäftigung arbeiten, weist die künftige Tendenz aus.

Und wie fällt der Blick in die Unternehmen hinein aus? Dazu hat das Beraterhaus Deloitte anlassgemäß über 600 Führungskräfte plus ihre Mitarbeitenden befragt. Ergebnis: Nur etwa die Hälfte berichtet von strategischer Verankerung der Gleichstellung in ihren Unternehmenszielen. Ein Viertel nimmt gar keine Bedeutung dieses Themas wahr.

Führungskräfte sehen siebenmal häufiger negative Auswirkungen auf Frauenkarrieren denn auf Männerkarrieren durch die aktuelle Krise, Mitarbeitende sogar neunmal häufiger.

Führungsverhalten

Den Ergebnissen dieser Umfrage zufolge sehen allerdings weibliche Führungskräfte mit anderen Augen auf ihre Teams: Doppelt so viele Frauen in Führungspositionen wie Männer berichten von Einsamkeit, Depressionen und anderen psychischen Belastungen in ihren Teams. Insgesamt wünschen sich über 40 Prozent der befragten Mitarbeitenden mehr Unterstützung für ihre mentale Gesundheit. "Männliche Führungspersonen widmen sich diesem Thema in Gesprächen mit ihren Mitarbeitenden viel seltener als ihre Kolleginnen", sagt die Geschäftsführerin von WoMentor, Désirée Jonek – sie ist Partnerin von Deloitte bei dieser Umfrage. Dies deute stark auf geschlechterbezogenes Rollendenken und "internalisierte Verhaltensmuster" hin. (Karin Bauer, 8.3.2021)