Von Graz aus konnte Brunnhofer große Erfolge im E-Sport feiern.

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Marlies Brunnhofer ist eine der erfolgreichsten E-Sportlerinnen Österreichs. Besser bekannt unter ihrem Nickname "Maestra", gelang es ihr, in der weiblichen E-Sport-Welt im Spiel "League of Legends" ("LoL") für Furore zu sorgen. Mittlerweile hat die studierte Psychologin die Maus an den Nagel gehängt und arbeitet beim E-Sport-Verein "Austrian Force" im Management und als Analystin, aber auch als Beraterin für eine Anwaltskanzlei ist die Grazerin tätig. Dennoch sieht sie ihre berufliche Zukunft nicht im E-Sport.

STANDARD: Was war Ihr erster Berührungspunkt mit "League of Legends"?

Brunnhofer: Erstmals habe ich durch meinen damaligen Freund "LoL" kennengelernt. Wir haben gemeinsam auf Twitch die E-Sport-Ligen (LEC und LCS) verfolgt. Danach habe ich selbst begonnen zu spielen. Wobei mir das Spiel anfänglich nicht so viel Spaß gemacht hat. Mit der Zeit entwickelte ich aber immer mehr Ehrgeiz und habe mich nach einem Team umgesehen.

STANDARD: Haben Sie spezifisch nach einem weiblichen E-Sport-Team gesucht?

Brunnhofer: Eigentlich war mir das egal. Jedoch bin ich zufällig auf eine Facebook-Gruppe namens "League of Legends Girls" gestoßen, in der eigentlich nur Frauen sind. Dort hat dann ein Team eine weitere Spielerin gesucht, genau für die Position, die ich spiele. Mit diesem Team sind wir dann auch den ersten E-Sport-Organisationen beigetreten.

STANDARD: Ihre ersten Vereine waren nur Frauenteams, unter anderem auch "Team YP". Wie war die Zeit dort?

Brunnhofer: Generell war es eine tolle Zeit gefüllt mit vielen internationalen Turnieren und schönen Erinnerungen. Trotzdem hat man gemerkt, dass es den Organisationen, die Frauenteams unter Vertrag nehmen, hauptsächlich um PR geht. Das heißt, es wurde nicht wirklich darauf geachtet, was wir leisten oder wie gut wir spielen, sondern eigentlich war das Hauptaugenmerk, dass wir Spielerinnen sind.

STANDARD: Das heißt, Sie hatten die Rolle von Markenbotschafterinnen?

Brunnhofer: Ja, es ging hauptsächlich darum, als Frauenteam das Image der Organisation zu verbessern. Ich würde sagen, wir waren damals eher Influencerinnen als E-Sportlerinnen, obwohl wir trotzdem viel trainiert haben. Andererseits ist es so, dass wir Gehalt bekommen haben, obwohl Männer auf der gleichen Stufe, diese Chance normalerweise nicht bekommen.

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STANDARD: Danach konnten Sie, nach einem kurzen Zwischenstopp, bei der berühmten spanischen E-Sport-Organisation Movistar Riders spielen.

Brunnhofer: Wir haben insgesamt eineinhalb Jahre für die Organisation gespielt. Dort bekamen wir viele Ressourcen zur Verfügung gestellt. Einen Sportpsychologen, Physiotherapeuten, einen Coach, Analysten und einen Manager. Anfänglich haben wir aber nicht unter dem Namen Movistar Riders gespielt, sondern unter dem Namen Zombie Unicorns. Dort konnten wir auch das Gaming-Center in Madrid für die Vorbereitung auf Turniere und Ligen nutzen.

STANDARD: In Spanien scheint die E-Sport-Kultur wesentlich fortgeschrittener zu sein als in Österreich.

Brunnhofer: Ich denke, Spanien hat frühzeitig das Potenzial von E-Sport erkannt, und deswegen hat sich das System gut entwickelt. Dementsprechend ist dort das Thema E-Sport auch wesentlich weiter.

STANDARD: Gleichzeitig war Movistar Riders auch Ihre letzte Station in der weiblichen Szene, und Sie sind zu einer deutschen Organisation gewechselt. Was waren Ihre Beweggründe dafür?

Brunnhofer: Die weibliche Szene ist für den Anfang sicherlich gut. Auch ist es dort leichter, innerhalb des E-Sports ein Gehalt zu erhalten. Wenn man jedoch das Ziel hat, sich stetig zu verbessern, wird man zwangsläufig in die normale Amateurszene wechseln müssen, weil das spielerische Niveau eben höher ist.

STANDARD: Wenn man Frauen im E-Sport verfolgt, scheint es, dass sie sich bei Teamspielen gerne für die Rolle des Heilers beziehungsweise Supporters (Unterstützers) entscheiden.

Brunnhofer: Darüber habe ich mir auch Gedanken gemacht, weil ich ja selbst die Rolle des Unterstützers (Supporters) spiele. Es hat wohl soziopsychologische Gründe. Frauen sind öfters in Sozialberuf vertreten als Männer. Gleichzeitig kann es auch daran liegen, dass Frauen oft mit einer anderen Person zu spielen beginnen, so findet man sich vielleicht schnell wieder in der Rolle der Unterstützerin wieder. Im Moment untersuche ich innerhalb einer Projektgruppe, da ich ein Psychologiestudium abgeschlossen habe, ob Persönlichkeitseigenschaften vorhersagen können, welche Rolle man in League of Legends wählt und wie gut man wird. Jedoch muss man hier noch auf die Ergebnisse warten.

STANDARD: Sie haben große Erfolge im E-Sport feiern können, unter anderem den Sieg beim Girlgamer Festival im Jahr 2018. Wurden Ihre Erfolge in Abrede gestellt, weil Sie eine Frau sind?

Brunnhofer: Nicht direkt im E-Sport, aber wenn ich alleine spiele – und mein Gamertag klingt weiblich ("Maestra") –, bekam ich in der Vergangenheit schon teilweise Beschimpfungen zu lesen. Aber das ist ein generelles Problem in League of Legends.

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STANDARD: Haben Sie in Folge auch Hassnachrichten erhalten?

Brunnhofer: Die Frage ist, wie man Hassnachrichten definiert. Außerdem würde ich nicht sagen, dass nur Frauen solche Nachrichten erhalten. Bei Rassismus ist es dasselbe: Sobald ein Name auf eine Herkunft deutet, wird diese aufgegriffen, um noch persönlicher zu beleidigen. Das heißt, sobald sich etwas aus einem Gamertag rauslesen lässt, wird dies für Beleidigungen verwendet. Aber im Endeffekt ist in Onlinespielen jeder Beleidigungen ausgesetzt. Wenn jemand sagt: "Du spielst scheiße", dann ist das okay für mich. Aber wenn jemand sagt: "Du spielst scheiße, weil du ein Mädchen bist", trifft mich das ganz anders.

STANDARD: Hatten Sie das Gefühl, dass Sie als Frau mehr leisten müssen als Männer im E-Sport?

Brunnhofer: Ich hab mir selbst viel Druck gemacht, teilweise auch zu viel.Teilweise habe ich mir auch zu viel Druck gemacht. Weil ich eben dachte, dass ich in einem männerdominierten Umfeld bin und man als Frau ein Sonderfall ist, der besonders im Fokus steht. Ich hatte speziell in meiner Zeit bei AEQ (Name des Teams, Anm.) die Angst, dass ich Fehler mache. So kamen Situationen zustande, in denen ich dann auch zu vorsichtig gewesen bin.

STANDARD: Sollten Frauen und Männer im E-Sport überhaupt in zwei unterschiedlichen Wettbewerben antreten müssen?

Brunnhofer: Es gibt theoretisch biologische Unterschiede, die sich auf die Leistung im E-Sport auswirken könnten. Dazu gibt es aber noch keine ganzheitlichen Studien, die alle Faktoren miteinbeziehen. Aber ich glaube, dass die biologischen Unterschiede nicht wirklich aussagekräftig sind. Es geht wohl eher um gesellschaftliche und soziale Themen. Vor allem sind es wohl auch die geschlechtsspezifischen Bilder, die bereits im Kindesalter vermittelt werden, was ein Grund sein kann, warum Männer vermehrt kompetitive Videospiele spielen als Frauen.

STANDARD: Danach wechselten Sie zu einer österreichischen Organisation namens Austrian Force. Dort haben Sie dann auch ihre Spielerinnenkarriere beendet. Was war der ausschlaggebende Grund dafür, nicht mehr aktiv in der Kluft der Beschwörer zu agieren?

Brunnhofer: Zum einen hat mir die Motivation gefehlt, weiterzuspielen, da ich nie in einem Team gespielt habe,wo alle SpielerInnen wirklich zu 100 Prozent engagiert waren. Gleichzeitig habe ich mein Psychologiestudium beendet, und durch meine Vollzeitbeschäftigung hatte ich nicht mehr die Zeit, die ich gerne gehabt hätte. Deswegen wurde ich intern von "Austrian Force" gefragt, ob ich als Mental Coach weiter mitwirken will. Deswegen ich mich in die Thematik eingelesen. Jedoch merkte ich recht schnell, dass ich das nicht dauerhaft im E-Sport machen will. Gleichzeitig gab es intern einige Aufgaben, die ich managen musste. So war ich schlussendlich mehr die Managerin als Mental Coach. Jedoch fand ich auch die Analyse der Spiele sehr interessant. Ich habe die Statistiken nach jedem Spiel ausgewertet, und derzeit habe ich auch die Funktion einer Analystin übernommen, die mir auch persönlich sehr gut gefällt.

STANDARD: Gleichzeitig sind Sie auch noch als E-Sport-Beraterin für eine Anwaltskanzlei in Graz tätig. Wie sieht dieses Engagement aus?

Brunnhofer: Im Frühjahr des Jahres 2020 kontaktierte mich Herr Dr.Rapani, da er sich mit seiner Anwaltskanzlei auf das Thema E-Sport spezialisieren wollte. Er brauchte eine Person, die gute Einblicke in die Szene hatte.Hier konnte ich mithelfen, außerdem haben wir ein League of Legends-Turnier namens "Rapani Open" organisiert, um Aufmerksamkeit für die Marke zu schaffen. Jedoch wirke ich hier nur in einer geringfügigen Anstellung mit. Hauptberuflich will ich als klinische Psychologin arbeiten, und E-Sport soll mich dann als Hobby weiter begleiten.

STANDARD: Was müsste sich in Österreich ändern, damit E-Sport eine größere Wahrnehmung erfährt?

Brunnhofer: Die Akzeptanz in der Gesellschaft müsste noch etwas größer werden. Viele Menschen fangen mit dem Begriff nichts an, oder wenn sie damit etwas anfangen, ist manchmal noch sehr stigmatisiert und vorurteilsbehaftet. Bei Gaming stellen sich viele vor, dass eine Person den ganzen Tag vor dem PC sitzt, sich nicht gesund ernährt und keinen Sport treibt. Das entspricht nicht wirklich der Realität. Und vor allem bei E-Sport: Dort ist es eigentlich auch die Voraussetzung, dass man körperlich fit ist. (Florian Zsifkovics, 8.3.2021)