Zu dem Übergriff soll es in einem Dienstzimmer des Wiener Krankenhauses gekommen sein (Symbolfoto).

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Wien – Mit einer Vergewaltigung in einem Wiener Krankenhaus hat sich am Freitag ein Schöffensenat am Landesgericht befasst. Ein Röntgenassistent soll am 24. August 2020 in einem Dienstzimmer eine Kollegin vergewaltigt haben. Der Angeklagte räumte ein, er habe "eine Grenze überschritten", zu sexuellen Handlungen sei es aber nicht gekommen.

Ein Schöffensenat gelangte nach dem Beweisverfahren zur Ansicht, dem Angeklagten könnten die inkriminierten Handlungen nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit nachgewiesen werden. Eine allenfalls in Betracht zu ziehende sexuelle Belästigung (Paragraf 218 StGB) konnte nicht geahndet werden, weil dafür bereits im Ermittlungsverfahren die Zustimmung der betroffenen Frau einzuholen gewesen wäre. Das war unterblieben.

Der Freispruch ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Fest steht, dass der 26-Jährige und das mutmaßliche Opfer sich im Mai 2019 kennengelernt und in weiterer Folge angefreundet hatten, wobei die Freundschaft sich zusehends intensivierte. Die Frau hatte jedoch einen festen Freund, sie soll ihrem Kollegen daher zu verstehen gegeben habe, dass "nichts" passieren dürfe.

Mehrmonatiger Krankenstand

Dessen ungeachtet soll der Röntgenassistent die Kollegin eines Tages in einem Dienstzimmer auf einen Tisch gehoben, betastet, geküsst und ein Verhalten gesetzt haben, das laut Anklage den Tatbestand der Vergewaltigung erfüllte. Die Betroffene begab sich jedenfalls kurz danach in einen mehrmonatigen Krankenstand und bedurfte einer Reha, um Flashbacks und Angststörungen – Auswüchse einer posttraumatischen Belastungsstörung – in den Griff zu bekommen. Der 26-Jährige wurde nach Bekanntwerden der Vorwürfe fristlos entlassen – er soll eine zweite Kollegin sexuell belästigt haben.

Der Angeklagte und sein Verteidiger Roland Friis betonten, die Initiative zu den Vorgängen in dem Zimmer wären von der Frau ausgegangen. Sie habe mit dem Angeklagten schon seit längerem eine Beziehung eingehen wollen, er habe das mehrfach abgelehnt. "Es war immer Interesse von ihr da", sagte der 26-Jährige. In dem Kammerl habe man darüber geplaudert, "wie man eine Frau erregt. Da hat sie gesagt, zeig mir das. Das war der Startpunkt." Er habe sie am Hals geküsst, worauf die Assistentin zunächst erklärt habe, sie wolle das wegen ihres Freundes nicht.

Angebliche Belästigung anderer Kollegin

Er habe dann zweimal das Zimmer verlassen, um Operationen vorzubereiten, sie sei aber in dem Zimmer sitzen geblieben und man sei sich in beiderseitigem Einvernehmen körperlich wieder näher gekommen, als er zurückkehrte. Schließlich habe sie ihn gefragt, "ob ich Gefühle für sie hab'. Ich hab' sie sehr, sehr gern. Aber ich hab' mich nicht in sie verliebt." Als er ihr das mitteilte, sei die Frau "betrübt" gewesen, gab der Angeklagte zu Protokoll.

Vor der zeugenschaftlichen Befragung der Frau wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Auf die Frage von Richterin Elisabeth Reich, weshalb er seine Entlassung nicht bekämpft habe, erwiderte der Angeklagte: "Ich hatte schon einen neuen Job in Aussicht. Das war für mich erledigt, ich konnte ein neues Kapitel beginnen." Zur angeblichen Belästigung einer zweiten Kollegin – diese war nicht prozessgegenständlich – merkte der Angeklagte an, dabei habe es sich nur um "freundschaftliche Blödeleien" gehandelt. Man habe sich gegenseitig "mit Desinfektionsmittel an Stellen angespritzt, die in einem Arbeitsumfeld nicht üblich sind". Die psychischen Folgen beim mutmaßlichen Opfer erklärte der 26-Jährige damit, dass die Frau möglicherweise in ihrer Kindheit beziehungsweise Jugend missbraucht worden sei. Das habe sie ihm einmal angedeutet. (APA, 5.3.2021)