Der Prozess gegen Sašo Mijalkov zeigt, dass es in Südosteuropa möglich ist, die Unabhängigkeit der Justiz zu verbessern und die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.

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Er war der allmächtige Pate, der Mann, bei dem die Fäden zusammenliefen. Der ehemalige Chef der mazedonischen Geheimpolizei, Sašo Mijalkov, wurde vergangene Woche wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Amtsmissbrauchs und illegaler Einflussnahme zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist ein Meilenstein, obwohl es natürlich noch nicht rechtskräftig ist.

Mijalkov stand an der Spitze einer Gruppe, die unter der Regierung des ehemaligen Premiers Nikola Gruevski – übrigens sein Cousin – Institutionen wie das Innenministerium, die Justiz und die Verwaltungen untergrub. Die Regierung war an der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten beteiligt, manipulierte Wahlen, attackierte politische Gegner, belauschte die Opposition, Geschäftsleute, Banker, Anwälte und Reporter – und sogar ihre eigenen Minister – und hatte volle Kontrolle über die Medien.

Abhören und unterdrücken

"Mijalkov hat die anderen Mitglieder der Gruppe unter Kontrolle gehalten, ihre Immunität vor Strafverfolgung garantiert und hat die illegale Überwachung umgesetzt, indem er sagte, wessen Telefon abgehört werden sollte", heißt es in dem Urteil, das in Skopje gefällt wurde. Der Prozess gegen Mijalkov zeigt, dass es in Südosteuropa möglich ist, die Unabhängigkeit der Justiz zu verbessern und die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen.

Die Partei VMRO-DPMNE hatte bis 2015 alle Strukturen unterwandert. Die Gruppe um Mijalkov und Gruevski schanzte befreundeten Firmen öffentliche Aufträge zu, schaltete die freie Presse aus, sogar Schlägertrupps wurden eingesetzt. 100 Journalisten, dutzende Mitglieder der eigenen Partei und Oppositionelle, ausländische Diplomaten, darunter sechs Botschafter, wurden abgehört. Die Abhöraktion umfasste nicht nur Telefone, sondern auch Kommunikation über das Internet.

Langsamer Reformprozess

Seit dem Regierungswechsel 2017 gibt es nun einen langsamen Reformprozess – auch mit Rückschlägen. So wurde etwa die neu eingeführte Sonderstaatsanwaltschaft komplett diskreditiert, weil eine der Staatsanwältinnen Informationen an Kriminelle weitergab. Die Sonderstaatsanwaltschaft wurde abgeschafft.

Dennoch: Die Justizbehörden in Nordmazedonien haben neue Regeln für die Ernennung, Beförderung, Disziplinierung und Entlassung von Richtern eingeführt. Es gibt neue Mechanismen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz, etwa Regelungen, wonach Leistung belohnt werden soll, die Überprüfung von Vermögenswerten und Interessenkonflikten sowie Disziplinarverfahren. Insgesamt ist es gelungen, die Glaubwürdigkeit der Justiz zu erhöhen.

Geheimdienste verändern

Der Fall Mijalkov zeigt auch, wie notwendig es in Nordmazedonien ist, die Geheimdienste zu reformieren, was auch in anderen Ländern seit dem Zerfall Jugoslawiens nicht umfassend durchgeführt wurde. Im September 2019 wurde eine Nationale Sicherheitsagentur eingeführt, die als unabhängige staatliche Einrichtung ohne Polizeibefugnisse konzipiert wurde.

Obwohl die Regierung reformorientiert ist und es einige Fortschritte gibt, kann Nordmazedonien aufgrund des Vetos Bulgariens immer noch nicht mit der EU verhandeln. Sofia will Skopje unter anderem dazu bringen, das Adjektiv "mazedonisch" nicht mehr für die eigene Sprache zu verwenden. Dabei ist Nordmazedonien das einzige Land unter den sechs EU-Aspiranten, das bereits in der zweiten Phase der Umsetzung des Stabilisierungsabkommens mit der EU ist. Nordmazedonien liegt auch bei der Umsetzung des EU-Gemeinschaftsrechts in vielen Bereichen viel besser als die beiden Staaten, die bereits verhandeln – Montenegro und Serbien. (Adelheid Wölfl, 5.3.2021)