Nicht nur auf der Schanze sprang Kraft am besten.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Über dem Strich.

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Andreas Goldberger hat schon viel gesehen, aber nach dem Springen von der Großschanze in Oberstdorf kämpfte der ORF-Experte mit den Tränen: "Ich freue mich so mit den Burschen", sagte der Normalschanzenweltmeister von 2001. Stefan Kraft wirkte abgeklärter, war aber natürlich nicht weniger glücklich. Der Salzburger, 2017 ebenfalls in Lahti Champion auf der Normal- und der Großschanze, wurde am Freitagabend als erster Österreicher zum dritten Mal nur für sich selbst Skisprungweltmeister.

Das Kunststück auf dem großen Bakken unterm Schattenberg kam auch für ihn etwas überraschend. Als Kraft seine Führung aus dem ersten Durchgang im Finale bei anhaltendem Schneetreiben sicher und wunderschön gelandet hatte, musste der 27-Jährige selbst den Kopf schütteln. Wie Phönix aus der Asche sprang Kraft aus einem Tief, das ihm fast die gesamte Saison über treu geblieben war. Gleich nach dem Weltcupauftakt in Wisla hatte eine Corona-Infektion Kraft wie einige seiner Kollegen aus der Bahn geworfen. Kaum zurück im Geschäft, verhinderten schwere Rückenprobleme den Start des Weltrekordlers bei der Skiflug-WM in Planica. Bei der Vierschanzentournee folgte dem vielversprechenden Beginn in Oberstdorf viel Schatten in Garmisch.

FIS Ski Jumping

Weit hinunter

In der Folge sprang Kraft von allen Österreichern noch am beständigsten, hatte in Rang drei in Titisee-Neustadt sein bestes Saisonergebnis, stolperte dann aber mehr in Richtung WM. Auf der Normalschanze wollte ihm der Knopf noch nicht aufgehen, aber kaum war der Wechsel auf die Großschanze absolviert, ging es steil bergauf, eigentlich ganz weit hinunter. Kein Wunder, dieser Bakken liegt Kraft, hier hat er im Rahmen der Tournee schon zweimal (2014, 2016) gewonnen, "aber ich habe mir diese Stärke auch fest eingeredet".

Schon in der Qualifikation und im Probedurchgang der beste Mann, setzte Kraft bei schwierigen Bedingungen zwei blitzsaubere Sprünge auf 132,5 und 134 Meter und feierte den ersten österreichischen Sieg seit seinem 21. Weltcuperfolg am 28. Februar des Vorjahrs in Lahti. Der zweitplatzierte Norweger Robert Johansson (129,5 und 135,5 m), der den an Corona erkrankten Favoriten Halvor Egner Granerud würdig vertreten hatte, lag schließlich 4,4 Punkte zurück. Bronze holte Lokalmatador Karl Geiger (zweimal 132 m), der schon Gold im Mixed und Silber auf der Normalschanze gewonnen hatte.

"In Planica bei der Skiflug-WM konnte ich mir die Socken nicht mehr anziehen, ich war so weit weg", sagte Kraft. Nun sei jeder Sprung wie aus einem Guss gewesen, "ich bin so richtig in einen Flow hineingekommen. Mit dieser Vorgeschichte ist es wunderschön und unglaublich."

Es hätte für Österreich noch schöner und unglaublicher kommen können, doch Daniel Huber, neben Kraft der einzige Podestspringer dieser Saison, fiel im Finale mit etwas Windpech vom dritten auf den achten Platz zurück. Jan Hörl steigerte sich auf den zehnten, Philipp Aschenwald auf den elften Platz. Österreichs Quartett mauserte sich damit zum Favoriten für den abschließenden Mannschaftsbewerb am Samstag.

Blendende Aussichten auch für Coach Andreas Widhölzl, der schon viel Kritik hatte einstecken müssen. "Bei Kraft hat es sich abgezeichnet, er wurde stärker und stärker. Nach dem ganzen Schas, den wir in diesem Winter hatten, war das ein cooler Abend." (Sigi Lützow aus Oberstdorf, 5.3.2021)

Ergebnisse des Männer-Skispringens von der Großschanze:

1. Stefan Kraft (AUT) 276,5 (132,5/134,0)
2. Robert Johansson (NOR) 272,1 (129,5/135,5)
3. Karl Geiger (GER) 267,4 (132,0/132,0)

4. Piotr Zyla (POL) 264,4 (130,5/137,0)
5. Anze Lanisek (SLO) 258,5 (126,5/136,5)
6. Marius Lindvik (NOR) 257,2 (126,5/131,5)
7. Yukiya Sato (JPN) 256,7 (134,0/130,5)
8. Daniel Huber (AUT) 255,3 (133,5/123,5)
9. Cene Prevc (SLO) 253,2 (129,5/129,5)
10. Jan Hörl (AUT) 245,4 (127,0/136,5)
11. Philipp Aschenwald (AUT) 243,6 (123,5/130,0)