Die Initiatoren der Abstimmung fürchten eine "Islamisierung der Schweiz".

Foto: Arnd Wiegmann

Mit knapper Mehrheit sagen die Schweizerinnen und Schweizer Ja zu einem nationalen Verhüllungsverbot. Dem Endergebnis vom Sonntag zufolge sprachen sich 51,2 Prozent der Wähler für die Initiative "Ja zum Verhüllungsverbot" aus, dagegen stimmten 48,8 Prozent: Der Bann richtet sich vor allem gegen muslimische Frauen.

Damit bescheren die Stimmberechtigten der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) einen Triumph – die SVP stand hinter der Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot". Die Zustimmung der Bevölkerung zu dem Verbot sei "erfreulich" betonte der SVP-Politiker Mike Egger. Und die Schweiz zieht nun mit europäischen Ländern wie Frankreich gleich, in denen Gesichtsabdeckungen bereits untersagt sind.

Der Politologe Urs Bieri sprach im SRF von einem "Unbehagen" in der Bevölkerung, das den Ausschlag für das Verbot gegeben habe. Zum ersten Mal seit 2014 erzielte mit "Ja zum Verhüllungsverbot" eine Volksinitiative an den Schweizer Urnen eine Mehrheit.

Öffentliche Orte

Das Verbot wird in der Schweizer Verfassung verankert. Niemand darf künftig an öffentlich zugänglichen Orten sein Gesicht verhüllen. Das gilt etwa auf Straßen, im öffentlichen Verkehr, in Restaurants oder in der freien Natur. Auch Touristinnen müssen das Verbot beachten. Ausnahmen sollen nur beschränkt möglich sein, nämlich in Gotteshäusern und aus Gründen des einheimischen Brauchtums, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen – oder der Gesundheit. Die Schweizerinnen und Schweizer dürfen also weiter Masken gegen Infektionskrankheiten wie Covid-19 tragen.

Die SVP betonte in ihrer Kampagne, dass Gesichtsschleier wie der Nikab aus dem radikalen Islam stammten. Damit würden Frauen unterdrückt. Die Schweiz dürfe das nicht dulden. "Freie Menschen blicken einander ins Gesicht, wenn sie miteinander sprechen", hieß es. "Niemand darf in der Schweiz, dem Land der Freiheit, gezwungen werden, sein Gesicht zu verhüllen."

Spiel mit der Angst

Die SVP schürte auch gezielt Ängste: Auf Plakaten zeigte sie das Bild einer Frau, von der nur die grimmig blickenden Augen zu sehen waren. Der Rest des Gesichts war schwarz verhüllt. Unter der Frau stand: "Extremisten stoppen!"

Andere Parteien wie die Sozialdemokraten (SP) lehnten die "Burka-Initiative" ab. Die Initiative sei heuchlerisch, sexistisch und rassistisch, erklärte die Frauengruppe der SP. Die SVP mache "keinen Hehl" aus ihrer Islamfeindlichkeit und stelle 400.000 Musliminnen und Muslime in der Schweiz an den Pranger.

Der Regierung und dem Parlament ging die Initiative "zu weit". Justizministerin Karin Keller-Sutter betonte, Gesichtsverhüllung stelle in der Schweiz nur ein Randphänomen dar. Nach Studien sind es 20 bis 30 Frauen, die sich aufgrund ihres muslimischen Glaubens das Gesicht verhüllen. Zudem ist es laut Keller-Sutter Sache der Kantone, Regeln zu erlassen. Tatsächlich hatten bereits St. Gallen und das Tessin ein Verhüllungsverbot eingeführt.