Die Krise zehrt an den Nerven. Dass Bewegung guttut, haben viele erkannt und sich mehr Fitnesseinheiten gegönnt.

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Im April soll das Homeoffice-Gesetz im Nationalrat beschlossen werden. Die Liste der Kritiker war während der zweieinhalb Tage dauernden Begutachtung im Februar lang. Nicht nur Juristen fanden, das Gesetz werfe zu viele Fragen auf.

Was immer dabei herauskomme, es komme zu spät, rügt Rémi Vrignaud. "Wir haben all das, was das Homeoffice betrifft, mit dem Betriebsrat geklärt", sagt der Vorstandschef der Allianz-Versicherung in Österreich im Gespräch mit dem STANDARD. "Die Privatwirtschaft kann jetzt nicht ein Jahr warten, bis wir gesetzliche Rahmenbedingungen haben. Das dauert viel zu lange."

Betriebsvereinbarung

Die Allianz habe für ihre 2500 Mitarbeiter bereits seit dem Vorjahr eine Betriebsvereinbarung für Homeoffice. Möglich sind bis zu vier Homeoffice-Tage pro Woche, das Unternehmen stellt Hard- und Software bereit. Für Anschaffungen wie größere Bildschirme oder einen Bürostuhl gibt es einen einmaligen Zuschuss von 200 Euro, für laufende Internetkosten 15 Euro netto – und täglich 5,50 Euro in Form von Gutscheinen für Essenslieferanten, weil die Kantine geschlossen ist. Eine schnelle Vereinbarung schaffe auch Sicherheit und Mut für die Zukunft" so Vrignaud: "Da müssen wir schneller agieren."

Dass viele Menschen im vergangenen Jahr mit unterschiedlicher Intensität ins Homeoffice übersiedeln oder sich Lockdown-bedingt mehr zu Hause aufhalten mussten, spürt der Versicherer an manchen Stellen. Nach über einem Jahr Corona zeige sich ein heterogenes Bild, so Vrignaud: "Auf der einen Seite ist ganz klar, dass mehr Unfälle im Haushalt passieren." Auf der anderen Seite verzeichne man aber dank Rückgang der Mobilität der Bevölkerung – im ersten Lockdown deutlich, im zweiten und dritten weniger – geringere Schäden durch Autounfälle. Zudem würden etwa Frostschäden oder Leitungswasserschäden früher erkannt. "Da sehen wir einen Rückgang."

Nachfrage nach Krankenversicherung steigt

Genaue Zahlen wird die Versicherung zum Ende des Geschäftsjahres Ende März publizieren. Was sich neben einem veränderten Mobilitätsverhalten schon im vergangenen Jahr deutlich abgezeichnet habe: Es gebe ein anderes Bewusstsein, was Gesundheit betrifft, so Vrignaud: "Das ist in diesem Jahr am stärksten hervorgekommen."

Die zunehmende Anspannung und der krisenbedingt gestiegene Druck machen sich beim Versicherungsriesen bemerkbar. Konkret würde sich das in der deutlich gestiegenen Nachfrage nach privater Krankenversicherung niederschlagen. Man wächst in diesem Segment mit acht Prozent.

Immer mehr rücke dabei neben der physischen Gesundheit die psychische in den Vordergrund. "Das ist ein ganz großes Thema geworden", sagt Vrignaud. Ernährungsberatung, Fitnesskurse, psychologische Beratung, all das gibt es für Mitarbeiter wie Kunden als Online-Module. Die Nachfrage sei hoch. Potenzial sieht Vrignaud auch beim Thema Vorsorgen, sei doch das Sparvolumen, das auf Girokonten herumliegt, enorm: "Wir sehen auch ältere Generationen für die junge Generation vorsorgen."

Niedrigzinsphase

Die Veranlagung der 5,7 Milliarden Euro an Kundengeldern sei in Zeiten der Niedrigzinsphase eine Riesenherausforderung, was die Performance betrifft, räumt der Manager ein. Zumal man sich vorgenommen hat, diese nachhaltig zu veranlagen. In Österreich vollzog die Allianz 2015 den Ausstieg aus Kohleabbau in ihren Investmentportfolios. Bis 2030 sollen alle Kundengelder nach Umwelt- und Sozialkriterien investiert werden.

Derzeit liege man bei einem Veranlagungsgrad von 91 Prozent. Die extrem hohe Volatilität der Aktienmärkte schaffe durchaus Unsicherheit, sagt Vrignaud und skizziert einen möglichen Ausweg: "Wir haben in den letzten Jahren verstärkt versucht, in Richtung Infrastrukturinvestments zu gehen." (Regina Bruckner, 8.3.2021)